Offene Wunde

Warnung: Dieser Text enthält eindeutige Passagen negativer Grundstimmung und ist nicht für unverbesserliche Optimisten unter 100 Jahren geeignet. Außerdem könnte das Lesen diesen Beitrags zu unerwünschten Emotionen führen.

Von wegen Wochenbett. Vom ersten Tag an im trauten Heim muss ich mich verhalten, als wäre nix geschehen. So n Kind bekommt man ja auch nebenbei.

Bad schrubbben, die festgebackenen Krümel vom Boden kratzen, mehrere Kilo Wäsche pro Tag die Treppen rauf und runter tragen, 5,6 mal täglich das 15 Kilo Kleinkind auf die Wickelkommode hieven…das bleibt nicht ungesraft. Mein Wochenfluss bessert sich leider gar nicht. Nachts hält mich Madame Ottilie mit Stillen oder Verdauungsstörungen wach, tagsüber schläft sie natürlich besser. Doch da ist ja das Kleinkind, was maximal 45 Minuten Mittagsschlaf macht und wahrscheinlich nie wieder in eine Kindertageseinrichtung wird gehen dürfen. Jetzt habe ich mich doch noch überwunden, einen Stokke plus Babyaufsatz zu kaufen, damit ich wenigstens beim Essen nicht so eingeschränkt bin. Ständig bitten zu müssen, dass mir mein Brot geschmiert wird, ist einfach unter meiner Würde. Schlimm genug, um all die anderen Dinge ständig bitten zu müssen.

Meine Eltern kann ich leider nicht auch noch zum Kleinkindsitten verdonnern. Seit Ottilie auf der Welt ist, übernimmt meine Mutter schon das Homeschooling für das Froillein. So versuchen wir, wenigstens zu verhindern, eine kleine Analphabetin groß zu ziehen. Ja, klar, wir haben allen Grund, uns zu freuen. Nicht. Ich schäme mich vielmehr, trotz unseres zu Hause seins, immer wieder auf die Hilfe meiner Eltern angewiesen zu sein. Und noch beschämender finde ich es, dass es hier dennoch nicht läuft.

Es ist also alles andere als rosig und der kurze Augenblick des Glücks hat sich im Schneematsch aufgelöst. Die derzeitigen „Umstände“, die uns Familien von Seiten der Regierung aufgebrummt werden, machen es nicht besser. Aber lassen wir das, ich verbreite nur wieder schlechte Stimmung. Nicht, dass meine Leserschaft wegen mir die Lust verliert, sich im „Kampf gegen Corona“ zwischen Homeoffice, Kinderbetreuung, Homeschooling und Haushalt, aufzureiben. Immer schön weiter machen, alles schlucken und schön die Klappe halten! Das wird schon 😂

5 thoughts on “Offene Wunde”

  1. Ach du Arme! Mensch, das ist sicher hart. Meine Freundin hat ja auch im Dez. Nr. 3 bekommen (Nr. 1 – 5 J., Nr. 2 – 3 J)… keine Familie in der Nähe und man arbeitet weiter vollzeit… sie kämpft täglich um Chaos, aber es wird besser.. jeden Tag etwas. Und irgendwann dürfen die Kids auch wieder zur Kita. Viel Kraft für dich! LG

    1. Danke für deine Nachricht! Nachdem wir gestern familienmäßig ein paar Dinge geklärt haben, geht es mir heute wenigstens emotional besser. Ohne Hilfe durch die eigenen Eltern oder Freunde ist man in diesen Zeiten echt aufgeschmissen. Und dann agiert man ja auch noch am Rande der Legalität, wenn mein Mann und ich gemeinsam bei meinen Eltern aufschlagen 🙈 die Kinder zählen in unserem Bundesland -glaube ich- nicht.
      Wie siehst du das eigentlich als Lehrerin, dass die Kinder von den (Groß-)Eltern unterrichtet werden?

      1. Da meine jüngsten Schüler allenfalls 15 sind, eher 16, stehe ich direkt da natürlich nicht unter Druck. Tatsächlich klappt es an unserer Schule richtig gut und wir Lehrer bekommen viel Lob von den Schülern. Allerdings habe ich- gerade bei Grundschulen- schon mitbekommen, dass da Kolleg*innen nur Aufgaben/Blätter schicken, dabei wäre es doch ein leichtes sich beim Schreiben der Buchstaben oder beim Rechnen zu filmen und so den Kids mit kurzen ERKLÄR-VIDEOS Input für die Übungen zu geben. Das würde auch Eltern/Großeltern entlasten… darüber hinaus bin ich aber ehrlich gesagt der Meinung, dass mit guten Arbeitsblättern jeder Normalbürger den Stoff bis Klasse 4 rüber bringen können sollte… vorausgesetzt er/sie muss nebenbei kein Homeoffice machen und kann sich voll aufs Kind konzentrieren.

        Aber ich bin halt auch Lehrerin und schüttle vereinfachte Erklärungen auch ausm Ärmel- ein Perspektivwechsel fällt mir hier schwer.

        Vom sozialen Aspekt ist die Situation natürlich ein Horrorszenario für alle Kinder!

        1. Danke für deine Einschätzung! Was das Niveau des Stoffes betrifft, ist es natürlich für die meisten Eltern kein Problem, Grundschüler zu unterrichten. Da bin ich ganz bei dir. Ich persönlich habe vielmehr Angst, meinem Kind auf die falsche Art und Weise etwas beizubringen. Das fängt schon damit an, dass ich nie Druckschrift gelernt habe. Das kam vielleicht zwischendrin kurz dran, bei uns war damals Schreibschrift gefragt. Mittlerweile schreibe ich ein Mischmasch und muss mich mächtig konzentrieren, um es dem Froillein nicht falsch zu zeigen. Bei Mathe geht es weiter. Da gibt es wohl spezielle Methoden, mit denen gerechnet wird. Und dann ist da ja immernoch die emotionale Ebene zwischen mir und meiner Tochter. Das fängt damit an, dass der Schreibtisch nicht aufgeräumt ist und wir vorm eigentlichen Schulalltag erst „streiten“ müssen. Das müssen wir natürlich auch ohne homeschooling, aber danach sitzt sie bei ihrer neutralen Lehrerin im Klassenzimmer. Mit ihrer Oma zu lernen ist zwar weniger von solchen negativen Emotionen geprägt, aber eine Beziehungsebene gibt es bei den beiden auch…
          Aber ich bin erstmal froh, mich noch nicht mit Integralrechnung und Polynomdivision rumschlagen zu müssen 😱 und hoffe, der lockdown ist vorher beendet 😂

          1. Ja das kann ich gut nachvollziehen und daher fände ich eben hierfür Videos- vielleicht sogar noch eher für die Erwachsenen- wichtig. Ich schreibe auch ein fürchterliches Mischmasch…andererseits gibt es meiner Meinung nach nur einen Vorteil von Druckschrift- die Lehrer können es besser lesen. Und spätestens in der 5. Klasse interessiert das keinen mehr. Ich frage mich oft, ob Schüler ihren Aufsatz oder ihr EKG abgegeben haben 😅.

            Im Idealfall haben natürlich auch Lehrer eine Beziehungsebene mit dem Kind, aber natürlich ist das für die Eltern/Großeltern eine große Herausforderung.

            Mein Vorschlag zum Schreibtisch: er verwandelt sich in einen Schultisch ,und den räumt man ja immer am Ende des Tages leer. 😉

            Ich hoffe sehr, dass es alles bald wieder normal wird. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass die Corona-Jahrgänge nicht „dümmer“ sein werden als die vorherigen. 😉

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