Geburt 3.0

Die Geburt unseres dritten Kindes ging so schnell, dass dieser Beitrag mit einer Zeile geschrieben sein könnte: Sie kam, sah und siegte 😀

Aber von vorn. Am Montag bin ich mit Kontraktionen aufgewacht. Ich hatte in dieser Schwangerschaft relativ selten einen harten Bauch. Seit der 30. SSW aber hin und wieder und in den letzten zwei Wochen phasenweise gehäuft. Diesmal zog es allerdings im Rücken und im Unterleib, als würde die Menstruation einsetzen.

Am  Vormittag hatte ich wie die letzten Tage auch schon, das gesteigerte Bedürfnis, Dinge zu erledigen. Meinen Chef kontaktierte ich wegen der Elternzeit. Da mein Mann glücklicher Weise ab März einen Job hat, konnte ich endlich meine 12-monatige Elternzeit ankündigen. Danach telefonierte ich noch mit einer Hebamme aus der ****klinik, um meine Nachsorge zu organisieren. Gleichzeitig erkündigte ich mich bei ihr nach dem Hebammengeführten Kreißsaal. Ihr Statement dazu: „Marketing-Gag“. Ich könne mich aber an Hebamme N. wenden, wenn ich weitere Infos brauche. Das genügte mir ersteinmal und ich war irgendwie beruhigt, wahrscheinlich nichts verpasst zu haben.

Danach erledigte ich die Homeschooling-Aufgaben mit meiner großen Tochter. Immer wieder traten diese „wilden Wehen“ auf. Wie ich schon in meinem Beitrag geschrieben habe, war ich felsenfest überzeugt, dass es sich nicht um Geburtswehen handelte. Allerdings konnte ich mir gut vorstellen, dass wir zum Ende der Woche unsere Tochter bekommen würden. Bei den anderen beiden fing es ja auch immer so an.

Am Nachmittag fuhren wir bei meinen Eltern vorbei, um mein Nähzimmer dort leer zu räumen. Ich sagte zu meiner Mutter, dass ich den ganzen Tag über diese Senkwehen hätte und da machte meine Mutter dieses „Oh-je-Gesicht“ und irgendwo in meinem Hinterkopf dämmerte mir, dass wir uns vielleicht kommende Nacht sehen würden. Danach machten wir unseren Wocheneinkauf und aßen anschließend in Ruhe zu Abend. Die vergangenen Tage fiel mir schon auf, deutlich weniger Appettit zu haben. Tagsüber fühlte ich mich außerdem ziemlich schlapp und wollte eigentlich nur noch schlafen. Am Tag zuvor war ich noch voller Energie und habe meine Familie bei schönsten Wintersonnenschein zu einem langen Spaziergang rausgetrieben. An diesem Sonntag tat mir tatsächlich nichts weh und ich freute mich, auf die letzten Wochen der Schwangerschaft. Zu früh gefreut 😉

Am Abend wurden die Kontraktionen immer nerviger und die Rückenschmerzen heftiger. Alles zog nach unten und ich bekam langsam Angst. Also gönnte ich mir eine ordentliche Portion Magnesium und turnte eine Runde auf der Matte, in der Hoffnung, die Schmerzen in den Griff zu bekommen. Mein Mann googelte nun zum dritten Mal in seiner Papa-Karriere die Unterschiede zwischen Senk- und Geburtswehen. Wir wiederholten fast gebetsmühlenartig: das kann ja jetzt noch gar nicht sein. Meinst du, das geht jetzt schon los? Nee, kann ja gar nicht sein. Mit dieser Selbstsuggestion verabschiedete ich mich ins Bett. Nur um eine Stunde später wieder auf der Matte zu stehen. Es erschien mir undenkbar liegen zu bleiben. Die Wehen waren einfach schon zu heftig. Langsam wurde meine Laune eklig. Ich wollte doch einfach nur schlafen.

Mein Mann und ich beratschlagten dann kurz, ob baden eine gute Idee wäre. Er war mittlerweile bei seiner Recherche auf den Satz gestoßen: „Auch Senkwehen können als so heftig empfunden werden, dass man nicht schlafen kann.“ Wir glaubten weiterhin fest daran. Also ließ ich mir ein Bad ein, vom Kopf her überzeugt, danach die Wehen los zu sein und endlich schlafen zu können. Weit gefehlt. Danach wurde es zwar nicht plötzlich heftiger, weg waren die Schmerzen jedoch schon gar nicht. Nun war es bereits nach Mitternacht. Liegen konnte ich gerade gar nicht. Innerlich war ich nun total aufgewühlt. Ich konnte nur noch wie ein Tiger im Käfig auf und ab laufen. Anders ließ sich mein Zustand nicht aushalten. Nun musste ich auch noch auf Toilette. Noch immer konnte ich mir nicht eingestehen, dass die Geburt unseres dritten Kindes kurz bevor stand. Ich schob das auf meine psychische Verfassung. Nun bekam ich nämlich richtig Schiss. Im wahrsten Sinne….

Wieder versuchte ich mich hinzulegen. Mittlerweile musste ich veratmen und zu allem Überfluss weckte ich dabei Missjö, der nun gemeinsam mit mir Wehen veratmete. Im Bett hielt ich es nicht mehr aus. Es war nun fast drei und als ich zum vierten Mal zum Klo musste, rief ich meine Mutter an. Die saß wahrscheinlich schon die ganze Zeit wach im Bett und ging sofort ran. In den 15 Minuten, bis meine Eltern da waren, reichte Veratmen schon nicht mehr aus und ich wurde ziemlich laut, woraufhin Missjö zu allem Überfluss bitterlich zu weinen begann und Angst vor mir bekam. Als meine Eltern eintrafen erlebte ich einen richtigen Wehensturm, der durch jede Bewegung verschlimmert wurde und legte mich heulend ins Gästebett. Mittlerweile war mir auch noch schlecht, anfassen durfte mich keiner und erst da dämmerte mir, dass es nun tatsächlich losgeht und wir besser in die Klinik fahren sollten. Ich war total mit den Schmerzen und meiner Angst überfordert.

Im Auto hatte ich dann zum Glück nur vier oder 6 Wehen bis zur Ankunft. Vor lauter Verwirrtheit parkten wir auch noch ungünstig und schleppten uns zum falschen Eingang, bis dann eine Schwester den Nachteingang öffnete und meinte: „Ich habe Sie schon gehört!“ Auf dem Weg zum Kreißsaal sagte ich noch zu meinem Mann, was für ne Lusche ich bin. Wegen so ein paar Eröffnungswehen, so ein Gejammer und am Schluss schicken die uns wieder heim.

Gegen 4 Uhr morgens: Im Kreißsaal angekommen, fackelten die Mädels allerdings nicht lange, als sie mich sahen und erfuhren, dass es mein drittes Kind ist. Mein Mann wurde mir sofort für den Covid-Test entführt und ich kam in den Kreißsaal. Die Untersuchung ergab 9 cm geöffneten Muttermund und pralle Fruchtblase. Plötzlich war ich total fokussiert. Die Wehen schienen sich im Liegen auch zu ordnen, sodass ich in den Pausen ganz klar war. Ich entschied mich gegen ein Öffnen der Fruchtblase, da mein Mann erst in 15 Minuten zu mir dürfte. Außerdem lehnte ich eine Antibiotikagabe gegen meine „alten“ Streptokokken ab.

Bis zum negativen Covid-Test des Göttergattens hatte ich noch zwei oder drei Wehen. Es war ätzend, aber das Gefühl, dem ganzen nicht gewachsen zu sein, war zum Glück gewichen. Stattdessen war ich total erstaunt und überrascht, so lange zu Hause durchgehalten zu haben.

Kaum durfte mein Mann zu mir, machte es auch schon Plopp und die Blase war gesprungen. Danach hörte ich, wie die Herztöne absackten. So wurde auch mit Pressen nicht lange gefackelt. Während ich Missjö ja stellenweise rausgeatmet habe, musste ich Ottilie jetzt mit vier Presswehen nach draußen befördern. Aus irgendeinem Grund liege ich, entgegen aller physikalischen Gesetze, dabei lieber auf dem Rücken, sodass die kleine Madame um 4:37 Uhrmit den Augen zu den Sternen auf die Welt kam. Verletzt wurde ich trotz Powerpressens und Vorderhauptslage kaum. Die nächste Überraschung sahen die Hebammen beim Blick auf die Nabelschnur. Ottilie ist offensichtlich als Mini-Baby einen Looping geschwommen und hat sich einen Knoten in die Nabelschnur gemacht. Da macht man sich die ganze Schwangerschaft über Gedanken, wegen der CMV-Infektion und dann hat die Kleine einen Knoten in der Nabelschnur! Vielleicht hat sie sich deshalb dazu entschieden, sich etwas früher auf den Weg zu machen.

Zusätzlich war das Fruchtwasser grün. Das passiert, wenn die Kinder im Mutterleib Stress bekommen und Mekonium ins Fruchtwasser absetzen. Ich gehe davon aus, dass es ihr erst kurz vor der Geburt nicht gut gegangen ist, weil sie noch ein bisschen Mekonium am Po hatte. Das hätte sich wahrscheinlich gelöst, wenn sie sehr lange in diesem Fruchtwasser geschwommen wäre. Das ist allerdings nur eine Vermutung.

Nach zwei Stunden kuscheln und anlegen im Kreißsaal, musste mein Mann nach Hause fahren und ich wurde auf Station verlegt. Von meiner vorgeburtlichen Erschöpfung merkte ich nichts mehr. Ich war einfach nur euphorisch und erleichtert, es geschafft zu haben…und heilfroh, nicht später in die Klinik gefahren zu sein.

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