Heute ist der letzte Tag meiner -wahrscheinlich- allerletzten Elternzeit im ganzen Leben. Ausgerechnet heute habe ich meine Periode bekommen und es war das erste mal seit 11 Jahren, dass ich mich über ihre Ankunft gefreut habe.
Ja, mir wird es ganz wehmütig um´s Herz, wenn ich an den Geburtstag der kleinen Ottilie denke. Es war wirklich einer der glücklichsten Tage in meinem Leben. Auch wenn die Tage danach sehr tränenschwer waren, habe ich kaum etwas besseres erleben dürfen. Dennoch möchte ich definitv kein weiteres Kind mehr. Es ist so verdammt schwer, allen gerecht zu werden und fast unmöglich, sich dabei nicht selbst zu vergessen.
Fast nebenbei habe ich in den vergangenen Tagen abgestillt. Ich denke, schon seit zwei oder drei Wochen kam kaum noch Milch. Zumindest habe ich das typische Ziehen beim Einsetzen des Milchspendereflexes nicht mehr gespürt und klein Ottilie hat kaum noch Schluckgeräusche gemacht. Es war wirklich nur noch ein rituelles Nuckeln. Das Stillen war ohnehin nur noch zum Einschlafen und in der Nacht „notwendig“. Zu guter letzt hatte Madam mehr Interesse an der Gutenachtgeschichte für Missjö, als an meiner Brust. So bekommt sie jetzt eine halbe Flasche als Magenfüller für die Nacht, während ich Missjö bettfertig und der großen Madame Beine mache. Die Kids sind weitestgehend synchronisiert und gehen allesamt gegen 20Uhr ins Bett, wobei frühestens halb neun alle schlafen. Die letzte Stunde vorm zu Bettgehen ist für Ottilie und uns echt hart, weil sie dann einfach fertig und entsprechend unausgeglichen ist. Da hilft die Flasche einfach, damit sie schon ein wenig runterfahren kann und ich „in Ruhe“ (schön wär´s) den Rest fertig machen kann (oder sie mich).
Ich möchte euch eigentlich von den Entwicklungen von Ottilie um ihren ersten Geburtstage herum berichten und keinen Jammerpost aufmachen. Ich komme allerdings nicht umhin, zu erwähnen, wie mich die familiäre Situation belastet. Die Dinge offen ansprechen, ist ebenfalls schwierig, da ich nicht weiß, wer mitliest. Es kommen viele Dinge zusammen, die mich derzeit überfordern. Zum einen werden die schulischen Probleme unserer Großen immer gravierender. Ihr Verhalten ist oft der Tropfen, der das Fass hier zum Überlaufen bringt. Mein Prinzip ist es, den Problemen ins Auge zu sehen und eine Lösung zu finden, auch wenn´s zuerst weh tut. Mein Mann ist da leider ganz und gar nicht auf meiner Seite. Er ignoriert, solange, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Es wäre tatsächlich lohnenswert, darüber seperat zu schreiben.
Nun zu unserem Geburtstagskind! Seit ihrer Kita-Eingewöhnung im Oktober hat sich das kleine Überraschungsei zu einem wahren Erzieher-Liebling gemausert. Sie ist sehr gerne in der Einrichtung und selbst nachts merkt man ihr momentan keine Überforderung an. Sie isst gut, schläft gut, spielt gut. Angeblich wäre sie durchweg gut drauf. Nur, wenn ihr jemand etwas wegnehmen will, wird sie sauer. Das kann ich von zu Hause nur bestätigen. Die kleine Madame ist wirklich energisch und ich fürchte die „terrrible two“-Zeit wird nicht weniger schwer als bei den anderen beiden. Sie haben halt allesamt Temperament. So langsam gewöhne ich mich, damit umzugehen. Mit ihren Geschwistern ist sie geduldig, kann den einen oder anderen Knuff, den sie meist versehentlich abbekommt, ohne mit der Wimper zu zucken, wegstecken. In den allermeisten Fällen hat sie sich in der Vergangenheit echauffiert, weil sie sich selbst weh getan hat. Finger klemmen, Finger verbrennen sind derzeit Gefahrenquellen Nummer eins. So langsam entdeckt sie auch Stufen, was in Zukunft zu Beulen führen wird. Dafür fällt sie nicht mehr so oft nach Hinten um. Das war eine zeitlang echt nervig. Jede Erhöhung wurde genutzt, sich hochzuziehen und dann vergaß sie wohl, dass sie sich immernoch mit beiden Händen festhalten sollte.
Vom Laufen sind wir meines Erachtens noch meilenweit entfernt. An den Händen und am Puppenwagen läuft sie ein paar Schritte. Ich denke allerdings, dass ihre Füße noch nicht genug Muskeln haben. Die stehen noch willkürlich in alle Richtungen, als wüssten sie nicht so recht, was sie anfangen sollen. Stattdessen hat Ottilie das Laufen auf den Knien entdeckt, mit dem Resultat, dass sie nun meistens Räuberhosen trägt und regelrecht Hornhaut an den Knien entwickelt.
Feinmotorisch ist sie, wie ich finde mindestens genauso gut, wie ihre Geschwister in dem Alter. Sie pickt die Reiskörner mit Pinzettengriff aus der Schale, versucht mit dem Löffel zu essen und „baut“ schon mit Magnet-und Duplosteinen.
So gut sie auch motorisch drauf ist, sprachlich geht es sehr langsam voran. Auch nonverbal kommuniziert sie nicht auf dem selben Stand, wie ihre Geschwister in dem Alter. Gerade Missjö hat schon sehr früh auf Sachen gezeigt oder mit dem Kopf geschüttelt. Ottilie fängt jetzt erst so langsam an, einen Sachen zu reichen oder uns mit ihrem Essen zu füttern. Beim geben und nehmen ahmt sie dann wahrscheinlich ein Bitte und Danke nach. Seit einigen Wochen benutzt sie bababababa und mamamamamamama so gut wie gar nicht mehr. Solche Pausen in der sprachlichen Entwicklung habe ich bei den anderen beiden auch schon erlebt und denke daher, dass es normal ist.
Insgesamt fällt mir auf -gerade wenn ich die Fotoalben der beiden Großen anschaue- dass unser Nesthäkchen noch sehr babyhaft wirkt. Missjö hatte zu seinem ersten Geburstag bereits den Ausdruck eines Kleinkindes. Tatsächlich ist Ottilie, wie die letzte U-Untersuchung gezeigt hat, die Zarteste aus der ganzen Rasselbande. Ihr Kopfumfang ist jedoch im Normalbereich, was bei der Großen in dem Alter leider nicht so war. Sie trägt jetzt Kleidergröße 80 und hat wahrscheinlich Schuhgröße 18. Ihr aktuelles Gewicht habe ich nicht auf dem Schirm. Zu wenig ist es jedenfalls nicht, das sehe ich an knackigen Schenkelchen und am charmanten Doppelkinn.
Sie isst ja auch wie eine zehnköpfige Raupe. Während der Adventszeit hat sie zu Spitzenzeiten drei Lebkuchen (Herzen, Sterne, Brezeln, ohne Honig…wobei ich denke, dass gebackener Honig ja keine lebenden Botullinus-Bakterien enthält….) verdrückt. Die Kleine isst sich durchs ganze Kühlschrankbeet. Sie probiert alles, aber ich merke schon, dass bei ihr die Präferenz auf süß liegt. Was den Süßkram betrifft, müssen wir tatsächlich oft für ALLE einen Riegel dazwischen schieben. Vor Weihnachten lag hier ständig Nachzeug rum. Und ich bin da auch alles andere als empfindlich. Es darf am Nachmittag etwas genascht werden und natürlich (?) gilt das auch für die Kleinen. Vielleicht schaffen das andere Eltern, ihren kleinen Kindern zu erklären, dass die Großen jetzt Gummibärchen bekommen und die Kleinen einen Apfel….ich packe das nicht. Immerhin gibt´s bei uns nichts Süßes in die Brotbüchse und fast nie süße Getränke. Als Missjö dann allerdings ständig zur Selbstbedienung an die überall rumliegenden Nikoläuse, Kekse und Schokokränze ran ging und dann nichts mehr zum Abendbrot gegessen hatte, ist ganz viel davon auf zwei Meter Höhe umgezogen.
Wenn sich Mama nach dem Abendbrot noch ein (Nicht-)Nuttela-Toast gönnt – ja ich brauche das, um nachts nicht vor Hunger aufzuwachen- da kommt klein Ottilie auf ihren Knien angerobbt, wie ein Schokoladen-Spürhund und fordert in den höchsten Tönen quiekend ihren Bissen ein.
Apropos Nächte: Die sind wirklich weitestgehend entspannt. Mein allerstes Nuckelkind schläft weitesgehend im eigenen Bett. Sie braucht derzeit noch nicht einmal etwas zu trinken zwischendurch. Vielleicht ist ihr Durchhaltevermögen unserem nächtlichen Stillen mit wenig ergiebigen Brüsten geschuldet. So konnte sie sich das Trinken in der Nacht nach und nach abgewöhnen. Die andern beiden bekamen ja ab neun Monaten eine „Nachtflasche“ bzw literweise Wasser. Ich bin gespannt, ob es so entspannt bleibt, wenn ich wieder arbeiten gehe.
Meine Mutter nennt ihr siebentes Enkelkind übrigens Maggie Simpson: Nuckel, nicht sprechen wollen, auf den Knien laufen, das dritte Kind und manchmal einen Homer zum Vater.