Regretting Motherhood regretting everything

Lang lang ist´s her, als ich das letzte mal ein Lesenszeichen abgesetzt habe. In den vergangenen Monaten ist viel passiert, was durchaus hätte erzählt werden müssen. Doch manche Dinge lassen einen einfach nur sprachlos zurück.

Kurze Zeit nachdem ich wieder angefangene hatte zu arbeiten -mitten im Taumel der Euphorie, mein Traumgebiet ergattert zu haben- erhielt ich Nachricht von meiner Firma, dass sie Ungeimpfte im Falle einer Einrichtungsbezogenen Impfpflicht freistellen würden. Da in dem Pamphlet von meiner Branche überhaupt nicht die Rede ist, traf mich die Nachricht aus dem Kaltem heraus. Ich habe daraufhin ziemlich viel Wind gemacht und mir Rückendeckung bei diversen Kollegen und natürlich meinem Anwalt geholt. Gerichtet hat es dann vielleicht der ungnädige Corona-Gott, der zwischen ungeimpft und geimpft nicht zu unterscheiden vermag. Von der Geschäftführung bis hin zur Regionalleiterin waren bis April alle erkrankt. Nur ich hatte es bis heute nicht. Und habe unermüdlich weitergearbeitet. Im April war ich dann sogar Topseller. Von Freistellung ist seither keine Rede mehr. Schauen wir, was der Herbst bringt.

Zurück bleibt ein fader Beigeschmackt. Faulig und bitter. Die Reaktion einiger, sogenannter Freunde auf meinen Hilferuf, man droht mir, meine Arbeit, meine Lebensgrundlage zu entziehen, Schweigen. Einvernehmlich. Mitschwingend der Wunsch, der möge man es zeigen. Ihr mal die Schranken aufweisen.

In mir ist viel kaputt gegangen, die letzten Zweieinhalb Jahre. Mein Glaube an die Menschlichkeit im Menschen ist zutiefst erschüttert. Dieses Land ist definitv kein Ort mehr, an dem meine Kinder -ja vielleicht noch aufwachsen müssen- aber sich kein Leben aufbauen sollen.

Meiner Resignation gegenüber der menschlichen Spezies ist es vielleicht geschuldt, dass wir hier in der neuen alten Heimat immernoch nicht Fuß gefasst haben. Obwohl es im Sommer nun viele Gelegenheiten gab, Kontakte zu knüpfen, ist nichts Vernünftiges bei raus gekommen. Das Dorf, auf dem wir gelandet sind, scheint auch stark von Vetternwirtschaft und bäuerlichen Standesdünkel geprägt zu sein. Mehrfach sind Versuche gescheitert, sich im Dorfgemeinschaftsrat einzubringen. Neue Idee von neuen Leuten werden hier offensichtlich grundsätzlich abgelehnt, seien sie auch noch so nachvollziehbar. Als Besipiel brachten wir den Vorschlag an, den Spielplatzsandkasten gegen Katzenkot mit einem Netz abzudecken. Da auch gemeinschaftlich genutztes Spielzeug fast immer nach Spielende von Nutzern weggeräumt wird, sollte auch das Spannen einen Netzes machbar sein. Nasenrümpfend und mit verständnislosem Kopfschütteln wurden wir abgeschmettert.

Fühlt sich jemand von den Dorfsilberrücken ans Bein gepisst, hetzen sie einem das Ordnungsamt auf den Hals. Dörfler müssen sich hingegen nie an Regeln halten. Der Altglascontainer vor unserem Haus wird rege nach oder vor den Einwurfzeiten genutzt. Nicht schön, wenn man bei offenem Fenster schlafen muss und die mühsam in den Schlaf begleiteten Kinder dann wieder wach werden.

Apropos Schlaf. Neulich habe ich nachgerechnet, wieviel mehr Zeit ich „für mich“ hatte, als wir von Freiburg nach S. im Schwarzwald zogen und sich Umfeld und Kita geändert hatten. Ich bin auf teilweise 6 Stunden gekommen. Als der Mittagsschlaf wegfiel, konnte das kleene Froillein plötzlich schon um 7 Uhr schlafen. Ab 19 Uhr hatte ich also frei. Hinzu kam, dass ich sie oft erst zwischen vier und fünf von der Kita geholt habe. Morgens ging es bei uns erst um 8 Uhr los. Vorher wäre eh keiner meiner Kunden erreichbar gewesen. Nun stehe ich teilweise schon halb sechs auf und fahre gegen halb sieben los. Hier traue ich mich nicht, die Kinder nach vier abzuholen. Ab drei sind kaum noch KInder in der Einrichtung. Gestern war das Froillein um halb vier das einzige Kind im Hort. Den Mittagsschlaf können oder wollen sie nicht weglassen. Angeblich läge es an den Räumlichkeiten. Sobald der neue Kindergarten fertig ist, soll der Mittagsschlaf in den größeren Gruppen abgeschafft werden. Abgesehen davon, dass seit Wochen nicht weitergebaut wurde, ist die Mittagsruhe eine Möglichkeit, sich um Adminstrative Dinge zu kümmern. Meine Konsequenz wird sein, dass ich die Kinder nun tatsächlich erst gegen 17 Uhr abholen werde. Mit der Aussicht, dass wir also die kommenden 6 Jahre keine einzige Minute für uns haben werden, könnte ich nur noch heulen.

Ein weiterer Punkt ist, dass keines der Kinder hier Anschluss findet. Während das Froillein mit drei bereits woanders spielen gegangen ist oder eine Freundin zu Besuch hatte, hängen jetzt alle zu Hause rum und streiten sich ununterbrochen. Missjö scheint nicht der Typ zu sein, der jetzt schon Freunde braucht. Froillein hingegen braucht mit ihren acht Jahren dringender dennje Anschluss. Sie ist oft frustriert und lässt es an ihrem Bruder aus. Auch für ihn wären ein paar Spielkontakte außerhalb der Kita sicher bereichernd.

Insgesamt bin ich mit der Betreuungssituation derzeit sehr unzufrieden. Vor kurzem hat Missjös Erzieherin nach jahrelangen Mobbingattacken das Handtuch geworfen. Sie ist in der Tat ein Mensch, dem es schwer fällt, mit den Eltern umzugehen. Pädagogisch ist sie jedoch top und war für die Kinder eine Bereicherung. Während der Quarantäne und dem Ausschluss aus der Betreuung wegen Notgruppenregelung kam sie uns dreimal besuchen und hat Missjö versucht, weiterhin im Kita-Alltag mit Spielideen und Gebasteltem zu integrieren. Ich kenne sie außerdem privat und weiß, dass sie da komplett anders ist, als zu uns Eltern in der Kita. Nachdem ich erfahren habe, wie es in der Einrichtung unter den Erzieherinnen abläuft, verstehe ich auch, was das mit ihr gemacht haben muss. Nun ist sie weg und unsere Einrichtung um eine engagierte Frau ärmer. Stattdessen wurde das Personal mit weiteren demotivierten Besser-als-Hartz4-Kräften aufgestockt. Im Hort haben sie einen Typen abgestellt, der während der Hausaufgabenbetreuung bei Youtuben nicht gestört werden will und die neueste Errungenschaft in der Kita ist eine Dame, deren Mundwinkel zu jeder Tageszeit bis in die Kniekehlen hängen. Neulich hat sie einen nicht ganz Zweijährigen (!) zur Schnecke gemacht, weil er sich in die Hose gekackt und sich nicht bei ihr gemeldet hatte. Komplettiert wird das Personal derzeit durch ein paar blutleere Azubis oder Praktikanten, die gelangweilt auf der Bank im Garten sitzen. Auf die Frage, wo denn gerade mein Kind ist, weiß keiner eine Antwort. Vergangenes Jahr, als die Personladecke längst nicht so dünn gewesen ist, habe ich bereits den Hals eines Kindes aus den Schnüren von einem Stelzeneimer befreit. Immerhin wurden die Eimer mittlerweile aussortiert….

Die letzten Monate haben mir gezeigt, dass es so jedenfalls nicht weitergehen kann. An der unsäglichen Betreuungssituation kann ich wohl nichts ändern, solange wir hier wohnen. Kitaplätze sind auch hier rar. Für zwei Kinder was zu finden, wahrscheinlich unmöglich. Mittagsschlaf wird sowieso überall gemacht (also von wegen Platzmangel). Leider hat eine Aufstellung unserer Ausgaben gezeigt, dass ich defintiv nicht weniger verdienen darf. Seit Juni bin ich zwar nicht mehr Alleinverdiener, die Inflation tut jedoch ihr Übriges. Ein Jobwechsel in eine besser bezahlte Position ist nicht drin. Dazu fehlt mir einfach die Unterstützung durch meinen Mann. Aller Anfang ist schwer und mit drei Kindern, um die ich mich fast alleine kümmere, unmöglich. Das ist der nächste Punkt, dem ich mich bald neu stellen muss, Wie es mit uns weitergeht. Momentan ist es der Ausbau des Hauses, weshalb die Care-Arbeit, der Haushalt, der mental-load zu großen Teilen an mir hängen bleibt. Das verstehe ich auch. Auch, dass er extrem viel um die Ohren hat. Trotzdem breche ich unter der Last bald zusammen. Und er zeigt leider kein Verständnis dafür, wie frustrierend es für mich ist, kein Stück meiner Arbeit in aller Ruhe, ohne die Kinder erledigen zu können und dass ich ihn in einer privilegierten Position sehe, den Bau am Haus beinahe immer in aller Ruhe, zumindest ohne die Kinder, bewerkstelligen zu dürfen. Noch dazu wird seine Arbeit gewürdigt. Wow! Du baust das hier ganz alleine? Du kannst das? Das ist ja krass! Oh toll, wie weit du schon gekommen bist. Usw usw. Mittlerweile kommt über meine Lippen kein Lob mehr. Nachdem er mich angeschrien hat, wir können ja gerne tauschen und ich solle weiterbauen, kann ich das einfach nicht mehr. Bei mir ist der Ofen mitlweile aus und wer weiß, ob er je wieder angeht, Ein Stück Hoffnung setze ich in die Fertigstellung der zwei neuen Zimmer. Einerseits wird mir das Mehr an Platz helfen, einfacher Ordnung zu halten, andererseits wird es dann ein für allemal vorbei mir den Ausreden sein. Dann wird er defintiv zu gleichen Anteilen Haushalt und Carearbeit übertragen bekommen. Sollte auch das nicht fruchten, wird es das gewesen sein. Dann bin ich weg.

4 thoughts on “Regretting Motherhood regretting everything”

  1. Puh, das klingt alles sehr anstrengend und zermürbend. Schade, dass es so kam.

    Ich weiß leider nichts tröstliches zu sagen und auch Durchhalteparolen erscheinen mir wenig sinnvoll… es tut mir leid für dich! Viel Kraft!

  2. Hey, ich habe hier noch nie kommentiert (war irgendwie immer schwierig auf dem iPhone, sitze aber gerade am PC :), doch ich erinnere mich noch gut daran, wie gerne ich deine früheren Beiträge zum Thema KiWu und Familien(chaos)leben immer gelesen habe. Umso mehr trifft mich die von dir beschriebene Entwicklung und ich hoffe von ganzem Herzen, dass sich, allen Widrigkeiten zum Trotz, Lösungen auftun, die dir zu mehr Entlastung verhelfen… auch wenn ich gerade etwas ratlos bin, wie diese aussehen könnten. Wäre es euch finanziell möglich, zumindest ab und zu eine (geeignete) Babysitterin ins Haus zu holen? Damit du wenigstens an einigen Tagen den Haushalt in Ruhe erledigen oder auch einfach ein paar Stunden ausspannen kannst? Ich wünsche dir/euch alles alles Gute!!

  3. PS: Es war gar nicht so leicht, den Kommentar abzusenden, da die Pflichtfelder nicht verraten, was wo reingehört 🙂 Ich hab mich einfach durchprobiert, aber das ist sowohl am PC im Browser (Chrome) so, als auch über Safari am iPhone. Die Felder sind einfach blank.

    Liebe Grüße
    Chuchu

  4. Das klingt nach sehr viel Stress für euch alle, in dem man dann oft auch quasi als Ventil negative Gedanken auf den anderen projiziert. Zumal auch ein Umzug eine riesige Umstellung ist, besonders weil auch die sozialen Kontakte wegbrechen.
    Arbeitet an eurer Liebe und Zweisamkeit bevor die Bitterkeit eure Familie kaputt macht. Investiert in einen Baybsitter, das Geld ist es wert. Vor allem anderen, vor den Kindern und dem Job und dem Haus sollte der Partner sein. Nehmt euch die Zeit, euch über euren Frust auszutauschen in der „Ich“ Form, und ohne „Du hast/machst/machst nicht“ und ohne „immer/nie“. Ich bin sicher, dein Mann steht auch unter Spannung und merkt schon, dass es dir auch alles fast zu viel wird. Be partners in crime instead of enemies. Seid euch gegenseitig eure allergrößten Fans.

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