Männerquote für Diskriminierung

Die Bewerbungsphase hat begonnen. Meine Elternzeit dauert nur noch bis März. Somit habe ich noch sechs Monate Zeit, eine neue Stelle in der alten Heimat zu finden. Erfahrungsgemäß brauche ich so lange, ehe eine Firma willens ist, mich einzustellen. Ich könnte jetzt schmollend vor mich hinbrummen: „Von wegen Fachkräftemangel…!“ In Wirklichkeit bin ich aber keine Fachkraft. Ich bin Biologin ohne Promotion, die viele Wege eingeschlagen hat, die letzten Endes in einer Sackgasse endeten. Meine „Karriere“ ist einfach nur ein Kompromiss, den ich als personifizierter Reisekoffer meines Wissenschaftler-Mannes eingehen musste. So hätte ich aus lauter Verzweiflung beinahe für 24T € Brutto Vollzeit in einer Elektronik-Rammschbude irgendwo hinter den sieben Weinbergen angefangen zu arbeiten. Und noch heute empfinde ich es als größtes Glück meiner beruflichen Laufbahn als Pharmareferentin bei meiner Firma gelandet zu sein. Sie haben mich eigestellt, obwohl ich zwar keine Berufserfahrung, dafür aber ein kleines Kind von einem Jahr hatte. Und das haben sie mit Sicherheit nicht aus reinster Nächstenliebe getan, sondern weil es niemand sonst billiger gemacht hätte.

Vor vier Wochen war dann endlich meine Traum-Außendienststelle ausgeschrieben. Alle genannten Anforderungen in der Ausschreibung passen 100% auf mich. Im Anschreiben musste ich also nicht herumlavieren. Mein Lebenslauf und die Aufzählung meiner bisherigen Tätigkeiten sollten zeigen, dass ich definitiv die Richtige für diese Stelle bin. Nur beim Einstiegstermin wurde ich unsicher. Ich habe lange überlegt, ob ich etwas von meiner Elternzeit erwähnen sollte. Im Prinzip kann ich anfangen, sobald mich meine alte Firma us dem Vertrag lässt. Und da werden sie sich nicht lange bitten lassen. Schließlich ist meine Elternzeitvertretung schon fest eingestellt. Würde ich gehen, würden alle Verantwortlichen, die diesen Mist verzapft haben, tief ausatmen. Die Kinder würden bis Januar bzw. Februar von meinen Eltern betreut werden. Ich entschied mich zum Spiel mit offenen Karten. Ich erwähnte meine Elternzeit, dass ich jederzeit anfangen könnte und die geregelte Betreuungssituation.

Kurz darauf entdeckten wir eine zweite Ausschreibung derselben Firma für eine Stelle, die gut zu meinem Mann passte. Er erfüllte nicht alle Kriterien, trotzdem startete er einen Versuch. Seit meiner Bewerbung sind nun mehr als drei Wochen vergangen, seit seiner sind zwei Wochen verstrichen. Heute kam eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Für ihn. Ich habe nichts wieder von denen gehört.

Und da liegt es wohl auf der Hand, dass ich wegen meiner Kinder noch nicht einmal zum Gespräch eingeladen werde. Und ich könnte mich in den Allerwertesten beißen, meine Elternzeit erwähnt zu haben. Dabei hätte meine bisherige Erfahrung doch zeigen sollen, dass Kinder das größte Einstellungshindernis sind. Bereits vor einem Jahr in Berlin drehte sich zum Ende des Interviews alles um die Vereinbarkeit von meiner Familie und Beruf. Am Schluss erhielt ich eine Absage. Dafür, dass die Frage nach der Familie im Vorstellungsgespräch unzulässig ist, wurde sie mir bisher schon sehr oft gestellt. Dem Reiz des Verbotenen können sich viele Chefs offenbar nicht entziehen.

Die zweite Bewerbung ist nun schon verschickt und diesmal habe ich nichts von meiner Elternzeit erwähnt. Ich bin gespannt, ob ich eingeladen werde.

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