Erste Hilfe Schreikind

Heute möchte ich versuchen, eine kurze Anleitung zu schreiben, was zu tun ist, wenn sich euer Baby als Scheikind entpuppt. Die hier aufgeführten Punkte sind meinen Erfahrungswerten entnommen und werden nicht jedem helfen, aber hoffentlich vielen!

  1. Schreibaby oder ein Baby, das schreit?

Um herauszufinden, ob euer Baby ein waschechtes Schreiproblem hat, solltet ihr für ein bis drei Wochen ein Schreiprotokoll führen. Dort zeichnet ihr ein, von wann bis wann euer Baby schläft, isst, wach ist oder schreit. Ein Schreibaby erfüllt dabei die Dreier-Regel: An mindestens drei Tagen die Woche, für drei Stunden täglich über einen Zeitraum von drei Wochen schreit das Kind.

2. Genug Schlaf?

Babys schlafen echt verdammt viel. Bis zu 20 Stunden täglich können da in den ersten Wochen zusammn kommen. Anhand des oben genannten Protokolls könnt ihr sehen, auf wieviele Stunden Schlaf euer Nachwuchs täglich kommt. Viele Kinder sind bereits nach einer kurzen Wachphase überreizt und können ohne Hilfe nicht in den Schlaf finden. Oft strecken sich die Kinder dann beim Schreien durch und machen sich ganz steif. Ihr könnt es dabei unterstützen indem ihr es im Wagen schiebt, im Tragetuch tragt, ihm einen Nuckel anbietet, im Hintergrund „weißes Rauschen“ erzeugt z.bsp. durch Staubsaugen oder eine App, die diese Geräusche abspielt. Wenn euer Kind dazu neigt, sehr oft den Moro-Reflex zu machen und sich dadurch selbst erschreckt, könnte Pucken eine Möglichkeit sein, damit es schneller schläft. Prinzipiell gilt: wecke NIEMALS das schlafende Baby. Erst recht nicht, wenn ihr ein Schreikind habt. Zuerst werdet ihr denken, dass euer Kind niemals Nachts schlafen wird, wenn es tagsüber so viel pennt. Das muss aber nicht sein! Vielmehr habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich Babys müde schlafen können. Überreizte Säuglinge sind auch nachts unruhiger. Wenn sich euer Baby beruhigt hat, könnt ihr ja ausprobieren, wie lang ihr seine Wachphase tagsüber strecken könnt, ohne, dass es am Zeiger dreht.

3. Gute Verdauung, gute Stimmung

Es ist eigentlich ganz logisch, dass Babys ordentlich zu tun haben, mit ihrer Verdauung. Schließlich benutzen sie ihren Darm erst seit der Geburt. Äußert sich das allerdings in Dauerschreien, sollten wir ihm helfen. Typisch für Koliken ist, dass sie eher am Ende des Tages auftreten und das Baby dabei die Beine anzieht und wegstreckt. Gleichzeitig wird der Kopf rot oder die Gesichtfarbe ist blass. Das Baby schwitzt außerdem häufig. Die Darmflora kann mit BiGaia-Tropfen oder anderen Bakterienstämmen saniert werden. Sollte euch bei eurem vollgestillten Kind ein muffiger, fischiger oder fader Geruch des Stuhlgangs auffallen, fragt euren Kinderarzt um Rat, was er empfiehlt. BiGaia-Tropfen sind jedoch auch freiverkäuflich erhältlich. Bei der Behandlung ist Geduld gefragt. Drei Wochen dauert es, bis sich die guten Bakterien etabliert haben. Bis dahin kann man die Gasblasen auch mit Entschäumern (z.Bsp. Sabsimplex) reduzieren. Bei uns hat das allerdings nichts gebracht. Mehr Erfolg hatten wir mit ein paar Schlucken Fencheltee. Alternativ helfen am frühen Tag Bauchmassagen mit Kümmel-Öl. Später am Abend kann ein Kirschkernkissen die Krämpfe reduzieren.

4. Grundloses Schreien?

Meiner Meinung nach schreit kein Baby ohne Grund. Irgndwann nennen wir Schreikind-Eltern es allerdings „grundloses Schreien“, weil wir einfach ratlos sind, was die Ursache sein könnte. Die größte Angst ist, dass Schmerzen dahinter stecken könnten. Wenn euer Baby hysterischer als sonst schreit, packt es komplett aus und schaut euch den Bauch an. Könnte ein Leisten- oder Nabelbruch dahinter stecken? Wenn euch etwas seltsam vorkommt, macht ein Foto oder Video davon unszeigt es eurem Kinderarzt. Ich habe es bereut, den Bruch beim kleenen Froillein nicht fotografiert zu haben. Auch wenn viele behaupten, ein Leistenbruch bei Mädchen muss nicht operiert werden, würde ich es definitiv in Erwägung ziehen, wenn das Mädchen ständig schreit!

Ob Schmerzen die Ursache fürs Schreien sind, kann man auch herausfinden, indem man ein Schmerzzäpfchen gibt. Fragt euren Kinderarzt, welches Schmerzmittel er empfiehlt. Und es sollte klar sein, dass das nur eine kurzfristige Notlösung ist! Sollte sich der Schmerzmitteltest als positiv erweisen und sind Koliken ausgeschlossen, würde ich weiter nach der Ursache suchen. Auch schwierige oder langwierige Geburten können Probleme beim Kind verursachen. Fehlhaltungen lassen sich wahrscheinlich meist durch einen Oseopathen diagnostizieren und behandeln. Bestehen außerdem Gedeihstörungen oder Entwicklungsverzögerungen, sollte das Kind komplett durchgecheckt werden. Im Zweifelsfall auch mittels MRT oder CT. Eine Bekannte von mir hat jetzt erst durch ein MRT herausgefunden, dass ihre sechsjährige Tochter eine winzige Hirnblutung nach der Geburt hatte und deshalb Gangstörungen zeigt. Hier ging es zwar nicht um die Schreiproblematik, aber die Intuition der Mutter hat nicht getrügt. Diese vermutete schon lange, dass die Ursache für die Fußfehlstellung in der schweren Geburt lag.

5. Weniger ist mehr!

Babys brauchen keine Abwechslung oder Dauerbespaßung. Oft sind Schreikinder besonders sensibel gegenüber äußeren Reizen. Also Abschalten! Weniger fernsehen zu schauen und Radio zu hören, sind auf jeden Fall einen Versuch wert. Schützt es vor zuvielen Reizen, indem ihr den Kinderwagen mit einer Mullwindel zuhängt oder es im Tragetuch tragt. Auch zu viele fremde Menschen, können beunruhigend wirken. Unliebsamer Besuch kann ja in einem Jahr vorbei kommen und liebe Freunde am besten einzeln.

Wenn sich euer Baby abwendet, akzeptiert das und lasst es seine Zeit für sich. Einfach nur in der Gegend herumschauen, ist schon eine riesen Leistung für so ein frisches Lebewesen. Auch wenn euer Kind nachts wach wird, heißt das nicht, dass es bespaßt werden muss oder will. Vielleicht schaut es sich einfach nur in der Gegend um, lutscht an seinen Händen und schläft dann weiter. Solche Phasen gibt es auch tagsüber. Habt kein schechtes Gewissen, nicht pausenlos auf euer Kind einzugehen.

6. Das Mantra: „Es geht vorbei!“

Tatsächlich solltet ihr euch das immer wieder sagen, wenn ihr das Gefühl habt, ihr könnt nicht mehr. Nehmt es euch nicht übel, wenn ihr euch schlecht fühlt. Das ist völlig ok und normal. Jeder Mensch leidet unter Schlafmangel. Nicht umsonst ist Schlafentzug eine Foltermethode! Sollte das Baby zusätzlich noch schreien, macht das alles doppelt und dreifach schlimm. Aber auch das geht vorbei! Wirklich!

7. Hilfe suchen

Gerade, wenn diese Schreiphase länger als drei Monate anhält, zehrt das unheimlich an den Nerven und allen anderen Kräften. Vielleicht habt ihr Eltern oder Schwiegereltern, die euch unterstützen können. Vielleicht eine Freundin oder Nachbarin. In Wirklichkeit ist es manchmal aber nicht so einfach, nahestehende Personen, um Hilfe zu bitten. Die eigenen Eltern sind vielleicht selbst noch berufstätig und die Schwiegermutter gibt immer nur sinnlose Ratschläge. Eine professionelle Betreuung wäre eine Alternative. Es gibt Krippen, die bereits Kinder ab 8 Wochen aufnehmen. Ansonsten könnte eine Tagesmutter oder Babysitterin in Frage kommen. Bei meiner Tochter habe ich früh die Beobachtung gemacht, dass sie unter Kindern viel ausgeglichener war als mit mir alleine. Für uns war daher der frühe Krippeneinstieg ein wahrer Segen.

8. Notfall-Lösung

Wenn ihr merkt, dass euch die Nerven durchbrennen, weil ihr die Schreierei nicht aushaltet, dann legt das Kind sicher im Bettchen oder auf dem Boden ab und verlasst den Raum. Geht kurz an die frische Luft, schreit und heult ins Kopfkissen, hört im Nebenzimmer laut Musik und fühlt euch deshalb nicht schuldig! Das schreien quält euch, weil ihr euer Kind liebt und euch nur wünscht, dass es ihm gut geht! Daher sind Wut, Verzweiflung und Agressionen völlig normal.

9. Schönes erleben

Es kostet immer wieder Überwindung, mit einem Schreikind das Haus zu verlassen. Oft ist man den Blicken und Ratschlägen der Besserwisser ausgeliefert. Dagegen habe ich leider kein Patentrezept. Fakt ist, ihr müsst früher oder später mit dem kleinen Schreihals ans Tageslicht. Außer Einkaufen und Arzttermine, gibt es aber noch mehr zu erleben. Schaut, ob es in eurer Nähe Elterncafés oder Familientreffs gibt. Auch Babyschwimmen oder Babymassage schaffen euch schöne Erlebnisse uns stärken eure Bindung zueinander…und vielleicht bringt es sogar ein bisschen Entspannung.

10. Psychotherapie

Wenn ihr merkt, ihr geratet täglich an eure Grenzen und es ist einfach kein Land in Sicht, dann fragt euren Hausarzt, Gynäkologen, Kinderarzt oder eure Hebamme um Rat. Eine Psychotherapie bietet euch Raum, in dem ihr euch vieles von der Seele reden könnt und in einer Verhaltensterapie lernt ihr Maßnahmen zu ergreifen, die euch durch diese Ausnahmesituation tragen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert