Weißes Rauschen

Nun liegt es nicht mehr in meiner Hand. 15 Eizellen konnten am Freitag entnommen werden. Einige davon werden mit Sicherheit unreif sein und sich nicht befruchten lassen, da die Follikel noch sehr klein waren (ich nehme an, unter 16 mm).

Vielleicht stolpert ja die eine oder andere über diesen Blog, die wissen möchte, wie eine Punktion abläuft. Daher hier meine Schilderung des Prozederes:

Sechs Stunden vorher darf nichts gegessen oder getrunken werden. Sogar Kaugummi kauen und das benutzen parfümierter Cremes oder Parfum war untersagt. Eine halbe Stunde vor der eigentlichen Punktion sollten wir spätestens im Kinderwunschzentrum sein. Das Sperma durfte in unserem Fall von zu Hause mitgebracht werden. Mein Mann entschied sich allerdings für die Gewinnung vor Ort. Nach Anmeldung an der Rezeption, wird man in den OP-Bereich vorgelassen. Dort durfte ich mich umziehen. Empfohlen wurde, ein Nachthemd oder langes T-Shirt zu tragen. Hauptsächlich geht es wohl darum, etwas zu haben, was den Hintern bedeckt und den Zugang zu den weiblichen Kronjuwelen trotzdem ohne Umstände zulässt. Nach der Umzieh-Schleuse durfte ich mich in mein Bett begeben. Die Betten stehen in unserer KiWu-Klinik nebeneinander, durch Vorhänge voneinander getrennt, aufgereiht. Es waren auch etliche Männer zugange, weshalb sich ein langes T-Shirt tatsächlich als angenehmer erwies. Ein wenig erinnerte mich die ganze Situation an eine Legebatterie im Hühnerstall. Platzmäßig und was die Intimsphäre betrifft, war es aber schon besser, als Käfighaltung. Kurz darauf kam die Anästhesistin, legte einen venösen Zugang und fragte nach Allergien und Vorerkrankungen. Dann wurde ich mitsamt Bett in den OP-Raum geschoben. Dort verabschiedete ich mich kurz von meinem Mann, der seine Schuldigkeit während meiner Wartezeit in seinem Wichs-Verlies bereits getan hatte. Mann müsste frau sein. Die bekommen irgendwie immer die leichteren Aufgaben im Leben…Danach musste ich auf den üblichen Gyn-Stuhl klettern. Die Schwester klemmte mir ein Puls-Oxy-Meter an den Zeigefinger und setzte im nächsten Moment schon eine Spritze an den Zugang. Weil ich noch nix merkte, fragte ich, was das war. Sie sprach von Schmerzmittel und zückte danach die große, weiße Propofol-Spritze. Kaum angesetzt, wurde ich auch schon ganz matschig im Kopf. Das letzte woran ich mich erinnere ist, dass ich fragte, was da so komisch riecht und die Anästhesistin meinte, das käme vom Propofol, das schmecke wohl so komisch. Danach hörte ich meinen Puls noch schneller werden piep–piep-piep-pieppeiepepiepiep—-und dann lag ich wieder in meinem Bett und ich hatte die Zahl 15 im Kopf. Und es überkam mich plötzlich Traurigkeit und mir liefen die Tränen. Und dann war ich auch schon fast ganz da. Ich kenne diese Propofol-Narkosen von etlichen Darmspiegelungen und frage mich jedesmal, was Michael Jackson daran so super fand, dass er dafür sogar gestorben ist. Beim Aufwachen muss man tierisch aufpassen, nicht viel zu reden. Am besten hält man die Fresse, bis man wieder aufrecht sitzen kann. Denn sonst läuft man Gefahr in Endlosschleife immer wieder dieselben Dinge zu erzählen, die gerade eben im weißen Rauschen der propofol-umnebelten Gehirnwindungen noch mega viel Sinn gemacht haben. Gerade bei der ersten Propofol-Narkose kommt mitunter dieses euphorische Gefühl und ein starker Mitteilungsdrang auf. Ich muss wohl mitlerweile diesen Stoff so rapide abbauen, dass ich nach kurzer Zeit schon wieder -nach meinen Möglichkeiten- normal war und mir alles gemerkt habe, was mir nach dem Aufwachen erzählt wurde. Die Ärztin sagte mir, dass es also tatsächlich 15 Eizellen waren, einige jedoch wahrscheinich unreif sind. Außerdem bekam ich als zusätzliches Schmerzmittel Diclofenac als Zäpfchen.  Ich solle mich nicht wundern, wenn am Abend ein wenig Blut mit Schleim vermischt im Schlüpfer wäre. Das sei normal. Dann durfte ich endlich Essen und Trinken. Insgesamt sollte ich nach der Punktion noch zwei Stunden zur Beobachtung dort bleiben. In der Zeit schaffte ich es sogar auf Toilette zu gehen. Darauf wurde viel Wert gelegt, um zu schauen, wie der Kreislauf reagiert und wie stark die Blutung ist. Beim Pullern kam dann ein wenig hellrotes Blut. Das wurde als normal eingestuft und ich durfte dann bald mit einem Rezept für Utrogest 200 nach Hause. Auto- und Fahrradfahren sind für 24 Stunden nicht erlaubt. (Tatsächlich schaffte ich es, 25 Stunden später mein Auto rückwärts gegen die Plastikbeleuchtung eines Baumarktes zu setzen.)

Ich soll nun viel trinken, proteinreich essen und mich möglichst schonen. Eigentlich wollte mich die Ärztin bis nächsten Mittwoch krankschreiben. Ich meinte aber, dass ich am Montag wieder los muss. Termine! Termine! Termine! Schmerzmäßig hält es sich derzeit in Grenzen. Ich merke halt jede Bewegung, die sich in mir zwischen Zwerchfell und Becken abspielt. Sei es nun das Entleeren der Blase oder ihres großen, stinkenden Bruders. Alles ziept und drückt ein bisschen. Der Bauch ist nur mäßig angeschwollen. Morgens habe ich noch meine Biki-Figur, zum Abend hin entwickelt sich dann eine kleine Blähkugel. Meinen Alltag kann ich derzeit normal bestreiten. Heute Morgen fühlte ich mich noch ein wenig müde und gereizt. Aber auch das kenne ich von anderen Propofol-Narkosen. Tagsdrauf bekommt man meist so einen Durchhänger mit leicht depressiver Grundstimmung.

Meine Temperaturkurve sieht derzeit noch stark nach Östrogen-Dominanz aus. Trotz der 15 Follikel ist die Temperatur null angestiegen. Bin gespannt, ob das Utrogest ausreicht, den Östrogenabfall abzupuffern.

Nun heißt es warten…

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