Vorbereitung ist alles

Für manche Männer ist es der Alptraum schlechthin, für die meisten Erstgebärenden gehört er zur Schwangerschaft dazu wie morgendliche Übelkeit: Der Geburtsvorbereitungskurs. Die Motivation einen solchen Kurs zu belegen ist ganz unterschiedlich. Viele -und auch ich gehöre dazu, sehen das als Möglichkeit ihre Männer stärker in die Schwangerschaft zu integrieren. Daneben lernt man andere Paare kennen und kann sich über Ängste, Sorgen oder Alltagsdinge austauschen. Was allerdings nicht zu verachten ist, ist der hohe Gehalt an komödiantischen Einlagen, die so ein Kurs eher ungewollt zu bieten hat. Unser Kurs scheint jedes Mal mit einer kleiner Vorstellungsrunde zu beginnen. Während wir uns vergangene Woche noch über Beruf, Lebenssituation, Anzahl der Kinder und biometrische Daten der Teilnehmer ausgetauscht haben, sollten wir gestern erzählen, wie unsere Woche war. Dabei macht sich dann schon bemerkbar, aus welchem Holz die einzelnen Leute geschnitzt sind. So scheint der bei einem jungen Start-up tätige Hosenträgerhippster den Kurs mit einer Therapiestunde zu verwechseln und lässt nicht davon ab, seinen Innersten Gefühlen Sprachraum zu geben. Der durch das Alpenglühen verhindert gewesene Solariumgänger hingegen, entschuldigt sich und verspricht, beim nächsten Mal wird er wissen, wie seine Woche gewesen ist, da er nun schließlich weiß, dass er darüber im Kurs erzählen soll. Ohne Apres-Ski könnte das tatsächlich leichter fallen.  Und wenn ich dann in die Gesichter der verschiedenen Frauen blicke, sehe ich ein bisschen Mitleid vermischt mit einer Spur Erleichterung, die ausdrücken will: „Zum Glück ist das nicht Meiner.“ So sind am Ende des Abends hoffentlich alle glücklich, ihren Partner und nicht den anderen zum Vater ihres Kindes erwählt zu haben.

Wenn mich nun jemand fragen würde, wie so ein Kurs abläuft, dann muss ich gestehen, dass es keine allgemeingültigen Schemata gibt. In der Ausbildungszeit habe ich bereits an Geburtsvorbereitungskursen als Beobachterin teilgenommen und damals schon bemerkt, wie stark der Ablauf von der anleitenden Hebamme und den Teilnehmern abhängig ist. Manche Hebammen setzen eher auf theoretische Inhalte zur Geburt. Da wird der Weg des Kindes durch das Becken lehrbuchmäßig abgearbeitet. Das gemeinsame „Hecheln“ und mit illustren Bildern untermalte Beckenbodenübungen werden dann häufig weggelassen um die Männer nicht zu vergraulen. Andere legen ihren Fokus auf psychologische Betreuung. Es wird viel geredet, meist gibt es eine Schwangere im Kurs, bei der auf der letzten Etappe Komplikationen auftreten, die dann ohne Rücksicht auf aufkeimende Ängste der Anderen durchgekaut werden. In unserem Kurs ist es bisher wenig sentimental geworden. Negative Aspekte der Geburt oder gar Komplikationen wurden bisher mit keiner Silbe erwähnt. Es ist viel von selbstbestimmter Geburt die Rede und von einem Berg, den wir gemeinsam mit unserem Partner besteigen. Kommentare dazu, wie es in einer Klinik tatsächlich ablaufen kann, habe ich mir mal verkniffen. Uns wurden im Kurs viele verschiedene Gebärpositionen als Alternative zur Rückenlage gezeigt. Im Kreißsaalalltag kann es aber durchaus vorkommen, dass die Hebamme sowas von überhaupt keinen Bock darauf hat, auf den Knien rum zurutschen. Dann heißt es, die Herztöne des Kindes sind schlecht, Sie müssen liegen. Genauso wird bei Kreißsaalbesichtigungen die Gebärwanne als besonderes Schmankerl angepriesen: Seht her, auch die Klinik kann alternativ. In Wirklichkeit wird Frauen der Wunsch in der Wanne zu entbinden so lange abgeschlagen, bis es dafür zu spät ist. Die Gründe dafür sind ganz pragmatischer Natur. Handschuhe mit langen Schaft sind teuer und manchmal nicht auffindbar, ohne Handschuhe ist eklig und mit 50 ist der Rücken eben auch nicht mehr für solche Aktionen gemacht. Ganz abgesehen davon, dass manche Hebammen beim Überbeugen aufgrund eines Missverhältnisses zwischen Gravitation und Bodenhaftung gleich mit baden gehen würden. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich hier nur von meinen Erlebnissen in einer bestimmten Klinik berichten kann. Vielleicht haben sich die Hebammen dort in den letzten sechs Jahren geändert…

Ich glaube, es macht wenig Sinn, sich in eine feste Vorstellung über die Geburt zu verbeißen. Gerade als Erstgebärende habe ich keine Ahnung, was mir unter Wehen gut tun wird. Klar, wünsche ich mir, mit wenig medikamentöser Unterstützung in einer angenehmen Umgebung ohne Hektik zu entbinden. Doch am Schluss müsste ich auch mit PDA, Vollnarkose, Zange, Saugglocke und/oder Kaiserschnitt zurecht kommen.

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