Eigentlich müssten wir nun perfekt vorbereitete, geschulte werdende Eltern sein. Der Geburtsvorbereitungskurs ist endlich vorbei, wir haben Bücher über das Schwanger-Sein und Papa-Werden gelesen, gemeinsam auf vergrisselte Ultraschallaufnahmen gestarrt, uns für eine Kinderbettmatratze, einen Kinderwagen und eine Babyschale entschieden und dennoch nimmt der Entscheidungs- und Vorbereitungswahnsinn einfach kein Ende. Als nächstes müssen wir uns nun überlegen, in welchem Kreißsaal unser Kind das Licht der Welt erblicken soll. Es sei denn die Entscheidung wird uns durch unplanmäßige Komplikationen abgenommen, die einen sehr wahrscheinlich in die Uniklinik bringen würden. Nun hat Leipzig eine Menge an Möglichkeiten zu bieten, wo frau niederkommen kann. Neben Hausgeburt und Geburtshaus, gibt es auf Leipziger Grund und Boden drei Kliniken, die Kreißsäle betreiben. Zusätzlich machen es die günstigen Verkehrsanbindungen möglich, zum Gebären rasch ins Leipziger Umland zu fahren. Und so wie es sich im Zeitalter der Informationsflut gehört, bietet jede Klinik regelmäßig stattfindende Infoabende an, an denen sich Schwangere die Räumlichkeiten ansehen können.
Bisher haben wir uns drei verschiedene Kliniken angeschaut. Begonnen haben wir unseren Kreißsaal-Marathon im St. Elisabeth Krankenhaus. Dort kann man sich gleich an drei Terminen pro Woche Kreißsaal und Wochenstation anschauen. Jeden Mittwoch um 17, 18 und 19 Uhr öffnet das Krankenhaus im Stadtteil Connewitz für Dickbäuche und ihre Begleiter seine Pforten. Wie man anhand der Zeiten schon ahnen kann, dauert die Besichtigung gut eine Stunde. Dass so viele Termine angeboten werden, hat durchaus seinen Grund: Das „Elli“ erfreut sich größter Beliebtheit unter den Gebärenden und wird seit einiger Zeit förmlich überrannt. Das machte sich dann auch während der Tour bemerkbar, bei der kein freies Wöchnerinnenzimmer gezeigt werden konnte. Obwohl ich die Räumlichkeiten des Kreißsaals als ganz atmosphärisch empfunden habe, finde ich den Gedanken, nach der Entbindung in einem Drei-Bettzimmer zu landen oder gar mein Kind vor Platzmangel auf dem Gang zu bekommen, einfach grauenvoll.
Also machten wir uns auf ins Leipziger Umland in die Helios Klinik Skeuditz. Dort habe ich während meiner Ausbildung auf der Gynäkologischen Station, die sich räumlich gleich an Wochen- und Entbindungsstation anschließt, gearbeitet und habe den Kreißsaalalltag damals immer als recht entspannt empfunden. Der Informationsabend findet wöchentlich an einem Donnerstag um 18 Uhr statt. Viel Zeit und Standfestigkeit muss man nicht mitbringen. Die Hebamme informierte uns kurz und knapp über die wichtigsten Punkte, wie Kreißsaalausstattung, kinderärztliche Versorgung Stationsablauf und Bettenkapazitäten. Nach einer halben Stunde waren wir wieder draußen. Verwundert hat mich allerdings das Verhalten einiger Besichtigungsteilnehmer, die einen solchen Termin im kompletten Familienclan mit Oma, Muddi und Geschwistern absolvieren. Bei der Vorstellung, dass ich mir das Zimmer nach der Entbindung mit so einem „Familienmenschen“ teilen muss, bei der von früh bis spät die bucklige Verwandschaft auf der Matte steht und mir auf meine laktierenden Brüste starrt, dann krieg ich jetzt schon ne Wochenbettpsychose!
Nächster Anlaufpunkt war die ehemalige Helios Klinik Borna, die nun zu der Gruppe „Kliniken Leipziger Land“ gehört. Der Info-Abend findet zweiwöchentlich an jedem 1. und 3. Dienstag im Monat um 20 Uhr statt. Und wer nach Borna fährt, sollte sich was zu Essen mitnehmen, um das abendfüllende Programm zu überstehen. Als erstes wurden wir in einen Konferenzraum geführt, in dem zu meinem Erschrecken bereits die gut einstündige PowerPointPräsentation aufgebaut war. Immerhin konnten wir uns während der Ausführungen über Anzahl der Geburten, Elternschule und alle weiteren Informationen, die sich bei Bedarf auch auf der Internetpräsenz nachlesen lassen, am Getränkebuffett mit Apfelsaft und Wasser bei Bewusstsein halten. Nachdem sich Oberärztin und leitende Hebamme genug haben reden hören, durften wir einen Blick auf Wochenstation und Kreißsaal erhaschen. Meist nur aus der zehnten Reihe…Gegen zehn waren wir wieder zu Hause. Und ich bedient!
Mein Fazit ist, dass ich jetzt erst Recht keine Ahnung mehr habe, wohin ich mit meiner wehenden Kugel gehen soll. Ich gehöre wohl zu denen, deren Unsicherheit proportional zur Informationsmenge steigt. Vor drei Jahren, als wir begonnen haben und am Wunschkind zu versuchen, hätte ich klipp und klar gesagt, ich geh ins Geburtshaus. Nun, nach Sterilitätsbehandlung, Bangen und Hoffen, Risikoschwangerschaft und Ärztemarathon hat sich meine Einstellung geändert. Ich trau meinem Körper nicht mehr über den Weg und seh mich an schlechten Tagen sogar schon im OP.
Noch haben wir ja ein paar Wochen Zeit, eh es losgeht. Und wer weiß, vielleicht ist es mir in dem Moment, wo es losgeht auch egal, wohin es geht und ich lass einfach den Bauch entscheiden.