Codewort KiWu

Obwohl es heißt „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ , lieben wir es uns mit Fakten zu konfrontieren. Zahlen suggerieren Sicherheit und lassen wenig Spielraum für Interpretationen. Meine neueste Entdeckung auf diesem Gebiet ist folgende Seite http://www.meinkinderwunsch.de/FruKiWuInt.pdf Hier steht ganz klar, 80% aller Frauen, die zur hochfruchtbaren Zeit Sex haben, werden nach 6 Monaten schwanger. Da scheine ich offenbar zu den übrigen 20% zu gehören. Dabei bin ich mir sicher, gäbe es einen Preis zu gewinnen, bei dem die Gewinnwahrscheinlichkeit bei 20% läge, würde ich ihn nicht bekommen. Durch diese Daten fühle ich mich  in meiner Überzeugung bestärkt, so fruchtbar wie ein Knäckebrot in der Wüste zu sein und wende mich mit meinen Problemen an das Fachpersonal auf diesem Gebiet: meinen Frauenarzt. Auch Ärzte lieben Statistiken. Die meisten Behandlungen erfolgen nach dem Prinzip der höchsten Wahrscheinlichkeit. Wer mit Halsschmerzen zum Arzt geht, hat zu 80%* einen viralen und zu 19%* einen bakteriellen Infekt. Da alles über 5% noch zu hoch ist, um eher unwahrscheinlich zu sein, wirft der Arzt einen Blick in den Rachen. Sieht er dort gelbe Punkte oder Stränge, handelt es sich zu 90%* um eine Bakterienart, die mit Penicillin behandelbar ist.

Im Prinzip ist dagegen auch nichts einzuwenden. Zeigt die Behandlung doch in der Mehrheit der Fälle Erfolg. Schwieriger wird es, wenn  Ärzte beginnen nur noch das betroffene Körperteil zu behandeln, anstelle des Menschen, zu dem es gehört.

Nach einem ähnlichen Prinzip werden auch Frauen abgescannt, die seit Monaten vergeblich versuchen schwanger zu werden. In einem Drittel der Fälle sind unzureichende hormonelle, organische oder andere physiologische Voraussetzungen die Ursache für „Unfruchtbarkeit“. Zu wiederum einem Drittel, trägt ein schlechtes Spermiogramm die Schuld am unerfüllten Kinderwunsch und das letzte Drittel dürfen sich Mann und Frau teilen. Dann harmonieren sie eventuell immunologisch nicht miteinander oder etwas träge Spermien treffen (bzw. treffen nicht) auf etwas unterversorgte Eizellen oder, oder, oder… Da ein Frauenarzt – das liegt in der Natur der Sache – vorerst keinen Zugriff auf das männliche Ursachen-Drittel hat, wird er die Frau genauer unter die Lupe nehmen. Bevor er sich allerdings dazu bemüht, unserer Fruchtbarkeit auf die Sprünge zu helfen, muss der Schalter in seinem Kopf umgelegt werden. Das Zauberwort dafür heißt „Kinderwunsch“ und damit öffnen wir uns die Tür des in einer Frauenarztpraxis zur Verfügung stehenden Behandlungsspektrums und die Kostenübernahme der Krankenkasse. In einem ausführlichen Gespräch sollte der Zyklus analysiert und ausgewertet werden. Wer sich schon auf das hochkomplexe Terrain der „Kurvendiskussion“ begeben hat, kann seine bisher geführten Zyklusblätter ruhig mitbringen. Werden Zyklus und die darin befindlichen partnerschaftlichen Intermezzi als akzeptabel erklärt, führt an einem Zyklusmonitoring wohl kein Weg vorbei. Dabei wird die Tätigkeit der Geschlechtsorgane, wozu die Reifung eines Follikels zum Leitfollikels und das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut gehören, an verschieden Zyklustagen per Ultraschall beobachtet. Zusätzlich wird auch Blut abgenommen, um die verschiedenen Hormone zu bestimmen. Anhand dieser Untersuchungen lassen sich schon etliche Ursachen des unerfüllten Kinderwunsches ausschließen. Einige sind hier nach meinem besten Wissen und Gewissen zusammengefasst:

Gelbkörperschwäche:

Hier ist der Corpus luteum das Corpus delicti: Während der zweiten Zyklushälfte (ZH), also nachdem der Eisprung stattgefunden hat, wird zu wenig Progesteron durch den Gelbkörper produziert, ohne das es der befruchteten Eizelle nicht gelingt sich einzunisten. Anzeichen dafür können Zwischenblutungen während der 2. ZH sein, eine zu kurze 2. ZH oder ein geringer Temperaturanstieg in der 2. ZH. Häufig werden in diesem Zusammenhang Präperate, wie Utrogest u.a. verabreicht, die oft bis weit in das 1. Trimenon der Schwangerschaft hinein genommen werden müssen.

Schilddrüsenunterfunktion:

Eine doch recht weit verbreitete und häufig unentdeckte Fehlfunktion des Hormonsystems. Wer sich häufig matt und unkonzentriert fühlt, blass und aufgedunsen wirkt und unerklärlicher Weise an Gewicht zugelegt hat, sollte seine Schilddrüsenwerte überprüfen lassen. Häufig weist ein erhöhter TSH auf eine Unterfunktion hin. Ab wann allerdings von einer Erhöhung gesprochen werden kann, darüber streiten sich die Experten. Während bis vor kurzem noch ein Wert bis 5 als akzeptabel galt, wird heute gerade bei Kinderwunsch ein deutlich niedrigerer TSH angestrebt. Kuriert werden mit der Gabe von L-Thyroxin letztlich nur die Symptome.  Neben den allgemeinen körperlichen Symptomen, treten vor allem lange Zyklen auf, da die Eizellreifung gestört wird. Wessen Schilddrüsenwerte eher im oberen Bereich des Akzeptablen pendeln, dem sei zu eine zusätzliche Einnahme von Zink, Selen und Iod geraten.

PCO-Syndrom:

Erfunden wurde diese endokrine Störung erst zu Beginn der 90er, deren Leitsymptom, die polyzystischen Ovarien, als Namensgeber fungierte. Von Erfindung spreche ich deshalb, weil es keine eigenständige Krankheit ist, der man eine spezifische Ursache zuordnen kann. Vielmehr treten hier eine ganze Reihe von Störungen in Erscheinung, zu denen unter anderem anovulatorische Zyklen und eine Überproduktion männlicher Hormone zählen.  Häufig geht das Ganze mit Insulinresistenz einher. Wer die Diagnose PCO-Syndrom gestellt bekommt – und das geht ziemlich fix, finden sich doch hier eine Reihe Medikamente, die ordentlich Absatz bringen – sollte sie in erster Linie kritisch hinterfragt und eventuell eine zweite Meinung eingeholt werden, bevor das Ovarien-Stimulationsarsenal aufgefahren wird. Mittlerweile verschreiben selbst Gynäkologen Metformin gegen die Insulinproblematik. Ein Medikament, was eigentlich Diabetikern verabreicht wird. Ohne eine Insulinresistenz tatsächlich festgestellt zu haben, ist dieses Vorgehen doch recht fragwürdig. Unter http://www.pco-syndrom.de sind weiterführende Informationen zu der komplexen Thematik PCO-Syndrom zu finden.

Diese Auflistung ließe sich sicher noch ins schier Unendliche erweitern. Für jede findet sich praktisch die passende Krankheit oder Fehlfunktion. Schließlich ist es auch das, was wir oftmals von Ärzten erwarten. Sie sollen gefälligst raus finden, was mit uns nicht in Ordnung ist und gemeinsam mit uns etwas dagegen unternehmen. Leider lässt sich nicht für jedes Problem in unserem Leben einfach ein Rezept aus der Apotheke holen. Es kann auch vorkommen, dass keine Ursache gefunden werden kann oder, dass es einfach noch keine Behandlungsmöglichkeit gibt. Und vielleicht erleben manche Frauen zum ersten Mal während der Kinderwunschzeit diese Erfahrung, auf gewisse Vorgänge einfach keinen Einfluss zu haben, trotz aller Anstrengungen, trotz aller Bemühungen…

alle mit * gekennzeichneten Zahlen entsprechen keiner tatsächlich erhobenen Statistik, sondern sind meinem freien schöpferischen Geist entsprungen und dienen lediglich als stilistisches Mittel 😉

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