Laminierte Kinder

Jeden Tag fällt mir etwas ein, worüber ich gerne schreiben möchte. Und am Ende falle ich völlig erschöpft ins Bett…nur um anschließend alle zwei Stunden geweckt zu werden. Der übliche Wahnsinn mit Kleinkind also. Nicht nur körperlich geht der Schlafmangel und das nächtliche Stillen an die Substanz, auch mein Hirn fühlt sich langsam echt matschig an.

Derzeit zahnen beide Kinder. Die große bekommt faktisch über Nacht neue Backenzähne (die 6er), was zu einem peinlichen Moment beim Zahnarzt führte. Denn ich hatte trotz zweimal täglichen Zähneputzens nichts davon bemerkt. Shame on me! Während die Große ebenfalls nichts von ihren neuen Beißerchen mitbekommen hat, quält sich der kleine Mann offensichtlich stärker. Nun sind beide Schneidezähne im Unterkiefer durchgebrochen und eine Nacht musste ich ihm ein Schmerzzäpfchen geben, nachdem er drei Stunden gebrüllt hat.

Derzeit treiben mich die Themen rund um die Große generell mehr um. Vielleicht ist das so, weil ich vieles aus dem ersten Jahr schon kenne und es -außer der gepflegten Langweile daheim- nichts gibt, was mich stark beschäftigt. Vergangene Woche fand der jährliche Elternabnend in der Kita statt. Für mich wohl der Letzte. Ganz egal, wo wir in ein paar Monaten landen werden, die Große wird nächstes Jahr ziemlich sicher eingeschult. Tatsächlich denke ich darüber nach, ob es nicht sogar besser gewesen wäre, sie dieses Jahr bereits in die Schule zu schicken. Von ihren „Hardskills“ unterscheidet sie sich kaum, von den Erstklässlern. Sie kann mit Stift und Schere umgehen, ist nach wie vor grob- und feinmotorisch gut drauf. Emotional ist sie nun auch -wahrscheinlich bedingt durch ihren Große-Schwester-Status- gefestigter, wie ich finde. Sie ist mit Sicherheit kein Überflieger o.ä., allerdings gibt es ein paar Gründe, weshalb sie in der Schule vielleicht gut aufgehoben wäre. Zum einen sind nun alle Kitafreunde eingeschult worden. Das Froillein hat sich schon immer an den älteren Kindern orientiert. Nun hockt sie mit ihren letzten verbliebenen Freundinnen, die alle erst vier Jahre alt sind, in der Kita.

Und da wären wir beim nächsten Thema. Unsere Kita fördert in meinen Augen, das Durchhaltevermögen der Kinder zu wenig. Ganz allgemein hält sich die Diversität an „Gebastelten“ stark in Grenzen. Dafür finde ich jeden Nachmittag einen Stapel unfertiger Malwerke in ihrem Fach. Hin und wieder sieht man mal ein Kunstwerk an der Wand der Räumlichkeiten hängen. In fast jedem Fall besteht es aus Farbe auf Papier. Eine Erzieherin bietet an, einen Webrahmen zu gestalten. Tatsächlich hat das Froillein vor Monaten damit begonnen. Bis heute ist er nicht fertig. Und abgesehen davon, finde ich, ist ein Webrahmen in drei Jahren Kita eine recht dürftige Ausbeute an Handwerkskunst. Diese Problematik habe ich also -wahnsinnig wie ich bin-. beim letzten Elternabend angesprochen. Dabei kam heraus, dass man daran wenig ändern könne, da es ein Problem des Konzeptes ist.

Unsere Kita arbeitet nach offenem Konzept. Jeden Morgen können sich die Kinder für eine Station melden. Das hört sich auch alles ganz vielversprechend an: Turnhalle, Musikzimmer, Werkstatt, Atelier usw. Weniger vielfältig sind die Aktionen, die dann an den einzelnen Stationen angeboten werden. Ein längeres Projekt, an dem man über mehrere Tage arbeiten muss, gibt es überhaupt nicht. Ok, gut, den Webrahmen gibt es. Daran könnten die Kinder schon länger arbeiten…wenn sie denn wollten. Meist flacht jedoch das Interesse ab, sobald es etwas mühselig wird. Das kennen wir wohl alle von zu Hause. Und mit Sicherheit ist das auch normal. Ich finde allerdings auch, dass „Vorschulkinder“ durchaus etwas Druck vertragen könnten. Lesen und Schreiben lernt man ja auch nicht von heute auf morgen. Und irgendwann stößt auch das größte Genie an seine Grenzen und muss sich auf den Hosenboden setzen, um etwas zu erreichen. Warum kann das nicht schon im Kindergartenalter trainiert werden? Geduld mit sich selbst haben. Frustration begegnen und aushalten. Und dann trotzdem weitermachen.

Und selbst, wenn man einem Kind schnelle Erfolge verschaffen will, gibt es doch noch mehr Materialien, als Papier und Laminiergerät. Letzteres kam zum Einsatz, als sie das Thema „Bücher“ hatten. Dabei handelte es sich tatsächlich um ein Projekt. Sie machten einen Ausflug in die Bibliothek, jeder durfte sein Lieblingsbuch von zu Hause mitbringen und als krönender Abschluss wurde ein Lesezeichen gebastelt. Richtig, Papier in Plastik verschweißt. Hauptsache schnell, schnell.

Als Gegenentwurf habe ich am Wochenende mit dem Froillein Salzteigtaler mit Herbsflora gebastelt. Das war auch ein schönes Samstagprojekt. Wir sind zusammen mit Hund und Baby in den Wald gezogen, um Blätter und Blüten zu sammeln. Das Froillein war motiviert, ein paar Schritte zu laufen und gleichzeitig hat sie ein paar Pflanzennamen aufgeschnappt. Danach durfte sie den Salzteig kneten und die Taler gestalten. Das Werk war schnell vollbracht, aber immerhin ohne Heißkleber und Laminiergerät.

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Zur Strafe für meine aufmüpfigen Einwürfe beim Elternabend, habe ich gleich einen Gesprächstermin mit der Gruppeneliterin bekommen. Und am nächsten Tag brachte das Froillein ein gebastelten Monster-Zapfen mit.

 

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