Im nächsten Leben

Ich bin nicht religiös, aber die einzige vernünftige Theorie zum Werden, Sein und Vergehen scheint mir der Buddhismus mit seinem Glauben an Wiedergeburt aufgestellt zu haben. Also sollte ich den ewigen Kreislauf der Wiedergeburt in diesem Leben nicht durchbrechen können – wovon ich aufrund meiner charakterlichen Defizite stark ausgehe- möchte ich gerne als Mann erneut auf diesen versifften Planeten kommen. Gott, wäre das geil! Im jeglicher Hinsicht….

Ich würde die ersten vierzig Jahre meines Lebens erst mal richtig fett Party machen und Kohle scheffeln. Am besten als Investment-Banker. Später kann ich dann immernoch als Whistleblower mein Karma rein blasen, meditieren, auf Fleisch verzichten und armen Menschen ein schlechtes Gewissen einreden, weil sie ihren Kindern Hackfleisch zuessen geben und mit ihrem ollen Diesel zu Omma und Oppa fahren, anstatt für 6000 Bitcoins (Achtung, Zukunftsvision) ein Zugticket zu kaufen. Wenn ich mir dann die „Hörner abgestoßen“ habe, suche ich mir irgendein zehn, fünfzehn Jahre jüngeres Frauchen mit Hochschulabschluss. Schließlich kann es vorkommen, dass man sich auch mal unterhalten muss. Wir bekommen dann zwei, drei oder vier ….ach egal, wieviele Kinder. Schließlich bin ich der Kerl. Für mich ändert sich eigentlich nichts durch die Geburt eines Kindes. Mein Körper bleibt gleich, nur der Zahn der Zeit nagt an mir. Doch was solls, schließlich macht mich jede Falte interessanter. Geheimratsecken und fleischfarbene Badekappe ärgern mich, doch die Frauen stehen ja auf Glatze.

Das Kind ändert auch nichts an meinem Leben an sich. Die Kollegen gratulieren mir zum Sohn und gemeinsam leeren wir ein Pullerbier. Niemand fragt, wie lange ich nun zu Hause bleiben werde. Es gibt keinen, der sich die Finger nach meinen Posten leckt, nur weil meine Frau eine runde Kugel vor sich herschiebt. Ich hätte ja schon gerne die zwei Monate Elternzeit genommen. So viel Urlaub am Stück wäre ja sonst undenkbar.

Nächste Woche fährt meine Frau auf Mutter-Kind-Kur. Die drei Wochen Auszeit braucht sie auch ganz dringend. Tagsüber ist sie oft unausstehlich, weil sie wegen jedem Brabbeln und Quieken des Kleinen wach wird. Mich stört das ja nicht so. Haben eh getrennte Schlafzimmer. Langweilig wird mir in den drei Wochen sicher nicht werden. Die Jungs kommen vorbei für das Pokalfinale. Wann hat man schon mal drei Wochen sturmfrei?

So, jetzt muss ich pissen. Im Stehen.

Und im nächsten Leben komme ich als Mädchen auf einem Schrottberg in Indien zur Welt.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert