Gestern hatten wir unseren Termin beim Godfather of Reproduktionsmedizin in Ulm, um eine Zweitmeinung einzuholen. Eigentlich wollten wir den Tag gemütlich angehen. Wir hatten beide frei nehmen müssen, da Freiburg nicht nur was die Einstellung der hier lebenden Menschen einem Paralleluniversum gleicht. Nein, es ist auch mindestens genauso weit entfernt von allem anderen. Wagemutig -und wie sich rausstellen sollte- saudämlich wie wir sind, wählten wir die Strecke über Stuttgart. Um elf am Vormittag fuhren wir los, mit dem Plan gegen 15 da zu sein, um im Anschluss ein paar nette Stunden in Ulm zu verbringen. Das Froillein bekam ebenfalls Kita-Frei, da wir es niemandem zumuten wollten mit dem übermüdeten Kind bis 11 Uhr Abends auszuharren. Stattdessen muteten wir uns eine Horrorfahrt über das Verkehrmoloch Stuttgart mit einem sich ständig erbrechenden Kind zu. Am Schluss hatten wir großes Glück 17Uhr10 endlich im Parkhaus unter der Repro-Klinik anlanden zu können. Immerhin hatten wir noch 20 Minuten Puffer. Genug Zeit, damit das Froillein die vier Spielgeräte auf dem zubetonierten Spielplatz ausprobieren konnte.
Für den Herrn Professor war schnell klar, weshalb es bei uns nicht geklappt hat. Ein Blick auf das Bild der letzten Blastozyste und sein Urteil war eindeutig: Seien Sie froh, dass Sie damit nicht schwanger geworden sind! Die jetzt transferierten 8-Zeller befand er hingegen für wirklich hübsch. Allerdings seien es eben nur 8-Zeller. Seiner Meinung nach liegt bei uns sehr wahrscheinlich eine Chromosomenanomalie vor, die aber erst bei der Meisose meiner Eizellen entsteht. Denn nach Humangenetischen Befund sind wir beide unauffällige Nicht-Mutanten. Das sei auch der Grund, weshalb sich die Kryos schlecht auftauen ließen. So ein einfrieren und auftauen sei -so meinte er- ein Härtetest, bei dem oft schon aneuploide Embryonen den Geist aufgeben würden. Sein Vorschlag war daher, wir sollen uns definitiv für Blastozysten entscheiden. Da wir bereits ein Kind haben, stünden unsere Chancen auf weiteren Nachwuchs gut….wenn wir weitermachen würden….wenn….
Und das ist für mich der Punkt, an dem die Reise bald zu Ende geht. Ich mag nämlich einfach nicht mehr. Wäre in Deutschland eine Präimplantationsdiagnostik möglich, würde ich vielleicht noch einmal eine Stimulation machen. Aber was ist, wenn die nächsten Eizellen auch alle einen Schmiss haben? Lauter Transfers, Wochen des Wartens, vielleicht wieder biochemische Schwangerschaften….das halte ich einfach nicht aus. Und diese paradoxe Gesetzeslage hier in Deutschland finde ich zum Kotzen. Abtreibungen bis zum letzten Tag einer Schwangerschaft sind möglich, aber eine Blastozyste zu untersuchen ist ethisch nicht vertretbar? Der Politiker, der diesen Mist verzapft hat, muss seine Moralvorstellungen im Ethik-Bingo gewonnen haben. Da werden in der Presse dann ständig irgendwelche Horrorvisionen von blauäugig-gezüchteten Menschen ausgepackt, anstatt zur Abwechslung das Leid all jener zu zeigen, die ihr Geld, ihre Zeit und ihre Beziehung für ein Wunschkind opfern, dessen Entstehung fast so unwahrscheinlich ist, wie ein Lottogewinn. Aus lauter Scham und Elend haben wir einfach keine Lobby…
Weshalb meine Eizellen so schlecht sind, weiß ich auch nicht. War das schon immer so und hat das blinde Huhn ein Korn gefunden, als das kleene Froillein entstand? Oder bin ich zu nah am Atomkraftwerk vorbeigefahren? Sind es die Spritzmittel für den Weinbau, die meine Eier madig machen?
Zum Abschied wünschte uns der Prof noch alles Gute und meinte, vielleicht klappt es ja mit den Beiden. Nun ja….seit gestern kenne ich den Ausgang dieses Zyklus´ bereits. Vielleicht sollte ich mein Geld als Hellseherin bzw. Schwarzseherin verdienen. Und dann sind nur noch zwei Embryonen übrig und wahrscheinlich wird es keiner zur Blastozyste schaffen und dann ist der Gefrierschrank leer.