Seit 1. August habe ich zwei Jobs. Ich bin Vollzeit Mutter und den übrigen Tag gehe ich acht (ein halb) Stunden arbeiten. Die ersten Wochen waren, trotz Unterstützung durch die Schwiegermutter, hart. Mittlerweile hat sich mein Mann weitestgehend an die Situation gewöhnt. Für ihn war die Umstellung am schwersten. Auf einmal musste er das Kind morgens anziehen. Wirklich eine Herausforderung. Aber man wächst ja bekanntlich damit.
Die Arbeit macht mir wirklich großen Spaß. Meistens jedenfalls. Obwohl ich nach meiner furchtbaren Arbeitserfahrung als Hebammenschülerin im Kreißsaal niemals mehr damit gerechnet hätte, mich auf einen Arbeitstag zu freuen. Wahrscheinlich macht es tatsächlich einen Unterschied, ob einem tagtäglich gesagt wird, wie dämlich man sich anstellt oder ob einem ein gewisses Vertrauen entgegen gebracht wird.
Was mich tatsächlich richtig anstrengt, ist das nach Hause kommen. Dort wartet dann ein nicht abgeräumter Frühstückstisch auf mich, die Dreckwäsche, das schmutzige Geschirr, der durchweichte Biomüll, der Hund und nicht zuletzt das Kind, was 100 Prozent meiner Aufmerksamkeit einfordert. Und wehe, die bekommt sie nicht. Dann ist eine Eskalation vorprogrammiert. Zur Zeit verbringt sie wieder mehr Zeit damit, sich schreiend auf den Boden zu winden, als spielend mit Büchern und Bauklötzen. Nichts hilft in solchen Momenten. Meine Zuneigung á la „die haltende Umarmung“ lässt sie nur noch mehr ausrasten. Gehe ich aus dem Zimmer raus, dann wird sie richtig wütend und verzweifelt, schlägt ihren Kopf auf den Boden. Ich kann eigentlich nur still daneben sitzen. Wenn dann noch mein Mann dazu kommt und mich anmault, was ich denn mit dem Kind veranstalte, dann frage ich mich, ob Mütter eigentlich auch Zigaretten holen gehen dürfen.
Jedenfalls verstehe ich meine Mutter mittlerweile sehr gut, dass sie während meiner Kindheit so viele Dienstreise gemacht hat. Vielleicht sollte ich mal beim Chef anfragen, ob es nicht irgendwo ganz weit weg was zu tun für mich gibt.
Im Übrigen hätte ich nicht gedacht, wie viel Erstaunen, ja beinahe Entsetzen, die Vorstellung bei anderen auslöst, mit Kind Vollzeit arbeiten zu gehen. Ich scheine hier im südwestdeutschen Niemandsland eine wahre Exotin mit meinem „Lebensmodell“ zu sein. Damit möchte ich nicht behaupten, dass es bei uns funktioniert. Wie im Text heraus zu lesen ist, scheint es nicht perfekt zu laufen. Das Problem sehe ich jedoch dabei nicht im Aufwand, dem Vollzeitjob nachzugehen, sondern einfach im Unwillen meines Partners 50% meiner alten Aufgaben zu übernehmen. Ich kann es also jeder Frau nur nahe legen, es zumindest mal mit der 100% Stelle zu versuchen. Kündigen bzw. reduzieren kann man schließlich jederzeit. Das höhere Gehalt, die besseren Zukunftsaussichten und Rentenbeträge sind es m.E. wert. Und vielleicht habt ihr ja sogar einen Mann an eurer Seite, für den Gleichberechtigung nicht dabei aufhört, sich an den Wohnkosten zu beteiligen.
ui, das klingt spannend. wir diskutieren das auch sehr viel, aber haben ja auch noch ein wenig Zeit. Macht denn dein Mann viel im Haushalt?
Nicht genug 😉