Wenn der Schwangerschaftstest verdunstet…

In all den unzähligen Foren, die sich mit Kinderwunsch und Schwangerschaft beschäftigen taucht eine Frage gewiss abertausend Mal auf: „Ist mein Schwangerschaftstest positiv?“. Und nein, die fragenden Frauen sind in den meisten Fällen weder grenzdebil, noch leiden sie unter einem Verlust des Augenlichtes. Schlicht und ergreifend trauen sie dem, was ihnen ihr Gehirn als visuellen Eindruck vermittelt nicht. Und das nicht ganz zu unrecht.

Da viele Kinderwünschlerinnen  am liebsten noch eine Woche vor ihrem Eisprung (ES) wissen wollen, ob die Empfängnis erfolgreich gewesen sein wird, gibt es Schwangerschaftstests, die als „hochsensibel“ angepriesen werden und bereits ab einer Konzentration von 10 mIU HCG pro ml Urin ( 10er Tests) anschlagen sollen. Theoretisch wird dieser Wert frühestens ab dem 12. Tag nach Eisprung im Urin erreicht, wenn man einer Tabelle, die im Internet umher geistert Glauben schenken darf. Trotzdem gibt es immer wieder Frauen, die mit diesen Tests schon ab ES+9, andere erst ab ES+14 oder später ein positives Ergebnis erhalten. Dass dies möglicher Weise an zwei verschiedenen ß-HCG-Formen liegen könnte, habe ich schon an anderer Stelle beschrieben. Falsch negative Ergebnisse sind also kein „unerklärliches Phänomen“.

Viel verwirrender ist es hingegen, wenn Schwangerschaftstests positiv werden, obwohl offensichtlich keine Schwangerschaft vorliegt, da die Menstruation einige Tage später einsetzt. Häufig sprechen die Frauen dann in Foren von „Verdunstungslinien“, wenn sie ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung über die vermeintlich falsch-positiven Tests Luft machen. Tatsächlich kann man bei vielen dieser Ergebnisse jedoch davon ausgehen, dass tatsächlich HCG nachgewiesen wurde, die frühe Schwangerschaft jedoch nicht intakt war und verloren ging. Daher wird häufig mit viel Unverständnis vom frühen Testen abgeraten, um sich unnötige Enttäuschungen zu ersparen. Trotzdem kann es für Frauen mit unerfüllten Kinderwunsch von großem Interesse sein, möglichst früh Erkenntnis über ihren Zustand zu erlangen. Zum Einen kann dann rechtzeitig auf schädliche Substanzen verzichtet werden (Auch wenn das „Alles-oder-Nichts-Gesetz“ in diesem Stadium der Schwangerschaft gilt, so möchten Viele doch endlich Alles und nicht Nichst!), zum Anderen kann so festgestellt werden, ob denn überhaupt eine Befruchtung stattfindet und das Problem letztendlich bei einer gescheiterten Einnistung liegt. Für das weitere Vorgehen ist diese Feststellung von nicht unwesentlicher Bedeutung.

Aus diesem Grund gehöre auch ich zu den notorischen Frühtesterinnen. Da mir die gängigen 10er Tests aus der Drogerie zu teuer sind, bestelle ich mir regelmäßig einen ganzen Packen billiger Streifentests  im Internet. Dem preislichen Niveau ist es wohl auch geschuldet, dass mit solchen Tests einige Heimexperimente durchgeführt werden, wie das Testen der Cola auf Vorliegen einer Schwangerschaft. Ich dagegen habe mich dazu hinreißen lassen, bereits an ES+6 damit zu testen- und zwar nicht mit einem Softdrink, sondern mit Urin. Und tatsächlich tauchte nach einiger Zeit eine rosa Linie auf. Bisher hatte ich nie, auch nicht annähernd ein „positives“ Ergebnis.

Getestet an ES+6, Linie kam nach >20 min
Getestet an ES+6, Linie kam nach >20 min

Obwohl ich damit überhaupt nicht gerechnet habe und für mich das Resultat eher ein Zeichen für die geringe Qualität der Streifen darstellte, denn so früh kann kein HCG im Urin vorliegen, habe ich jeden Tag weiter getestet. Bis ES+11 hatte ich immer wieder solche Linien auf den Streifen, mal mehr, mal weniger deutlich. Woran könnte es also gelegen haben?

  • Ich habe überlegt, ob es sich vielleicht um eine Kreuzreaktion gehandelt haben könnte, bei der die Antikörper statt mit HCG mit einem anderen Molekül reagieren. Tatsächlich schließen die Hersteller bestimmter Schwangerschaftstests eine Kreuzreaktion mit LH, FSH und TSH bis zu einer gewissen Konzentration aus. Bei diesen SST wurde darauf in der Gebrauchsanleitung jedoch nicht hingewiesen. Dennoch halte ich das für unwahrscheinlich, da die Kunden-Bewertungen auf der Besteller-Hompage eher kritisieren, dass diese Tests zu schwach oder zu spät anschlagen würden.
  • Der „Fehler“, den ich wirklich begangen habe, war die späte Ablesezeit. Laut Hersteller sind Ergebnisse nach 10 Minuten nicht mehr auswertbar. Wartet man bis der Test getrocknet ist, kann es passieren, dass sich im Testfeld eine eingekerbte oder gelbliche Linie bildet. Vermeintlich „Echte“ Linien sind hingegen rosa oder pink, man sieht sie aus jedem Blickwinkel und sie bleiben auch noch über Tage oder Wochen bestehen. Diese Kriterien waren auch für meine Linien erfüllt. Ob sie unbedingt innerhalb von 10 Minuten erscheinen müssen, ist nicht sicher. Gerade bei kalter Raumtemperatur und noch sehr niedrigen HCG-Konzentrationen kann die Reaktion einige Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem werden bei billigen Tests nur geringe Mengen an Antikörpern eingesetzt. Kostet schließlich alles Geld.
  • Bei der Recherche im Internet bin ich über den Begriff „Phantom-HCG“ gestoßen. Dabei handelt es sich im Prinzip auch nur um eine Kreuzreaktion. Dabei gehen heterophile Antikörper, die eigentlich an die Oberfläche von Erythrozyten tierischer Herkunft binden, eine Reaktion mit den Molekülen des SST ein, da diese schließlich häufig ebenfalls von Tieren, wie z.Bsp. Mäusen stammen. „Phantom-HCG“ wird häufig jedoch im Blutserum festgestellt, da die Konzentrationen höher als im Urin sind.
  • Sehr oft lese ich in Foren, das HCG könne von einer Zyste gebildet worden sein. Sollte jemand tatsächlich eine Wucherung haben, die dieses Hormon ausschüttet, dann sollte er sich schleunigst einer Chemotherapie unterziehen. Denn HCG dient auch als Tumormarker, da es von einigen Krebszellen gebildet wird. Bei den Zysten, die am häufigsten bei Frauen vorkommen handelt es sich um harmlose Gebilde, die von nicht gesprungenen Follikeln oder dem Gelbkörper stammen. Eine Gelbkörperzyste könnte zwar das Einsetzen der Menstruation hinauszögern, HCG bildet sie mit Sicherheit nicht.
  • War ich vielleicht doch schwanger? Dafür spricht, dass die Tests nach ES+11 keine Gespenster-Linien mehr gezeigt haben. Vielleicht sind also meine Eizellen doch nicht so unreif und die dazugehörigen Spermien doch flinker, als wir dachten.

Was bleibt ist Ungewissheit…ein Dauerzustand für Menschen mit Kinderwunsch.

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